Elefantöses – Können Elefanten klettern?

»Nur klettern können sie nicht«
So lautete die Überschrift eines Artikels über Elefanten in der FAZ vom 18. April 2015, wobei es im Interview dann hieß: »Klettern können sie nicht besonders gut«. Nach unserer eigenen Kletterei in der Sächsischen Schweiz interessierte mich, wie gut die Kletterfähigkeiten von Elefanten tatsächlich sind. Auf der Suche nach einem passenden Titelfoto stieß ich auf ein Foto, dass zeigt, wie das überaus agile Elefantenbaby Anchali einen großen Stein erklimmt. Schon als das Foto entstand, fand ich es erstaunlich, dass es sich überhaupt zutraute, auf den Steinen herumzuklettern.

Doch wie sieht es mit ausgewachsenen Elefanten aus?
Sind sie auch gute Kletterer?
Elefanten sind auf alle Fälle sehr trittsicher. Das beweist schon die 218 v. u. Z. erfolgreich durchgeführte 16-tägige Alpenüberquerung des karthagischen Feldherrn Hannibal mit 37 Kriegselefanten, die als eine taktisch-logistische Meisterleistung galt. Der Erfolg war teilweise auch der Verdienst der Elefanten, die Felshindernisse aus dem Weg räumten. Bis auf Hannibals eigenen Elefanten namens Surus, der wahrscheinlich ein indischer Elefant war, handelte es sich um nordafrikanische Elefanten. Das schlechte Wetter in den Bergen und andere widrige Umstände führten beim Aufstieg zu Verlusten unter den 30.000 bis 50.000 Soldaten. Doch alle 37 Elefanten überlebten die Überquerung der Alpen, obwohl der Abstieg gemäß dem römischen Geschichtsschreiber Livius als verschneit, rutschig und sehr steil beschrieben wurde. Bis auf Surus starben bedauerlicherweise alle Elefanten in den darauffolgenden kalten Wintermonaten.

Was motiviert Elefanten zum Klettern?
Mit ihrem tonnenschweren Körpergewicht können es sich Elefanten nicht leisten, hinzufallen, wenn sie einen Abhang hinauf- oder hinuntergehen. So betreten beispielsweise die Salzelefanten des Mount-Elgon-Nationalparks die dunklen Höhlen des erloschenen Vulkans Mount Elgon, um mit ihren Stoßzähnen die für sie lebenswichtigen Mineralsalze aus den Höhlenwänden herauszubrechen und zu fressen. In diesem Fall ist es Salzhunger, der die Elefanten in die Höhlen treibt.

Ein anderes Video (veröffentlicht im Februar 2020 von India Today) zeigt, wie ein Asiatischer Elefant mit großer Präzision und Vorsicht schmale Treppen emporsteigt. In einem weiteren videodokumentierten Fall (veröffentlicht im Januar 2020 von Mail Online auf YouTube) überstieg ein Afrikanischer Elefantenbulle auf direktem Weg die etwa anderthalb Meter hohe Gartenmauer der Mfuwe Lodge im sambischen South Luangwa National Park, um an die Früchte eines Mangobaums zu kommen. Jährlich kommt dorthin eine ganze Elefantenherde, um die reifen Mangofrüchte zu verspeisen, nimmt dafür jedoch den leichteren Weg durch die Rezeption der Safari-Lodge.

Für Elefanten sind Früchte ein köstliches Naschwerk. Doch es gibt noch andere Motivationsgründe fürs Klettern:

Der deutsche Tierarzt Henning Wiesner, der bis Ende 2009 Direktor des Tierparks München-Hellabrunn war, schrieb 1993 im Rahmen einer Elefanten-Tagung im Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin in einem Sitzungsbericht betitelt Schaukelseil und Elefant:

»Die Problematik der Absperrungsmöglichkeiten durch Gräben, Gitter und Bar­rieren in der Elefantenhaltung ist hinlänglich bekannt. Vielfach unbekannt ist dagegen die Tatsache, über welche Steig- und Kletterfähigkeit Elefanten verfü­gen. Schon die Elefantenwechsel in den Steilhängen des Ngorongoro-Kraters, mit Steilstufen über zwei Meter, weisen aber darauf hin, daß viele Graben- und Mauersysteme in den Zoos für einen adulten Elefanten kein ernstes Hindernis darstellen. So überstieg im Zoo von Ramat Gan/Israel ein adulter indischer Ele­fantenbulle nachts ein ca. 2,60 m hohes Gattertor, um seinen Kühen einen Besuch abzustatten. Morgens stand er friedlich in seiner Box. Durch das regel­mäßige Überklettern war der oberste Rundholm schon blank gescheuert, wodurch man ihm auf die Schliche kam. Erst ein nachträglich in Höhe von 3 m angebrachter Vierkantstab stoppte die nächtlichen Aktivitäten

In seinem Bericht schreibt Henning Wiesner dann noch weiter über die Schaukelseile:

»Um die allgemein üblichen wuchtigen Gitterstäbe zu vermeiden, setzten wir erstmals mit 3 cm Dicke überdimensionierte Stahlseile ein, welche zwischen die Mauern bzw. die Pylone eingespannt wurden. In Vor­versuchen hatten wir herausgefunden, daß diese Seile nicht zu straff gespannt sein durften, da sie sonst ähnlich wie Horizontalstäbe den Elefanten als Steighilfen dienen. Vom Verladen her weiß jeder Elefantenkenner, daß die Tiere nur ungern bewegliche bzw. schwankende Oberflächen betreten. Entsprechend viel Spiel muß das Seil haben, um dem Tier ein unsicheres Gefühl zu vermitteln, wenn es darauf tritt. Die Idee des ›Schaukelseils‹ war geboren.«

Klettern Elefanten gern?
Satellitenüberwachungen zeigen, dass selbst wenn an Berghängen üppige Vegetation herrscht, Elefanten es möglichst vermeiden, bergauf gehen zu müssen. Das kann ich bestens nachvollziehen 😉, doch Elefanten haben dafür gute Gründe:

Hügel werden nicht nur wegen des Risikos von Überhitzung, Verletzung, Wassermangel und ungeeignetem Futter gemieden. Forscher schätzen, dass ein vier Tonnen schwerer Elefanten beim Klettern etwa 40 Mal so viel Energie verbraucht wie beim Gehen und dadurch etwa 2.500 Prozent mehr Kalorien verbraucht. Basierend auf der großen Nahrungsmenge, die eine Elefant während seiner 16 bis 18 Stunden dauernden Nahrungssuche täglich zu sich nimmt, müsste er geschätzt täglich eine zusätzliche halbe Stunde mit Fressen verbringen, um 100 Meter hoch zu klettern. (–> siehe Studie: Elephants avoid costly mountaineering, Jake Wall, Iain Douglas-Hamilton and Fritz Vollrath, Current Biology, Volume 16, Issue 14, R527 – R529)

Kein Wunder, dass Elefanten gemütliche Spaziergänge auf ebenem Gelände der Kletterei vorziehen. Solche flachen Elefantenpfade bezeichnen Forscher als Land- oder Wanderkorridore, die offen (frei von menschlicher Bebauung und elektrischen Schutzzäunen) bleiben müssen, weil dies sonst die Elefantenwanderung behindern und unweigerlich zu Zusammenstößen mit der einheimischen Bevölkerung führen würde.

Elefanten können also nicht nur rennen und schwimmen, sondern auch klettern. Sie können sogar steile Berghänge erklimmen und nehmen dabei notfalls ihren muskulösen Rüssel zur Hilfe. Sie sind aber keine »Hobbybergsteiger«, sondern eher »Flachländer«, denn viel lieber halten sie sich auf stabilen und ebenen Flächen auf.

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