Elefantöses – Das Lautspektrum der Elefanten

Trompeten-Laute
Das Trompeten ist der Laut, den jeder sofort mit Elefanten verbindet, auch wenn das nicht die vorrangige Funktion ihres Rüssels ist. Elefanten trompeten nur in Situationen großer Erregung – sowohl im positiven Kontext bei einer freudigen Begrüßung oder einer Geburt als auch im zornigen Kontext von Ärger, Aggression und Angriffsbereitschaft.

Dass die typischen Trompetenstöße aus dem Rüssel kommen, ist unbestritten. Doch entsteht der Trompetenlaut wirklich dort? Wie diese massigen Tiere beim Trompeten die für sie relativ hochfrequente Lautäußerung von 300 bis 500 Hertz zustande bringen, ist interessanterweise noch völlig unbekannt. Bioakustiker haben dazu gerade in Zusammenarbeit mit dem Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien, der TU Wien und dem Tiergarten Schönbrunn ein Forschungsprojekt laufen.

Eigenkreationen
Auf jeden Fall eignet sich der Rüssel mit seinem großen Resonanzraum hervorragend, um sowohl laute Trompeter als auch sehr intensive, tiefe Rumble-Laute zu erzeugen. Hier kann Schall wie im Hohlkörper eines Musikinstruments schwingen, wodurch Volumen und Klang verstärkt werden. Trompeten-Laute hören sich sehr unterschiedlich an, je nachdem, ob der Elefant den Rüssel dabei nach unten oder oben streckt oder ob er dabei in Bewegung ist. Auch die Größe des Elefanten und die seines Rüssels spielen bei seinem Trompetensolo eine Rolle.

Es erinnert an das Zusammendrücken und Auseinanderziehen eines Akkordeons, wenn junge Elefanten mit ihrem Rüssel üben – sie winden, drehen und verkürzen ihren Rüssel, während sie Luft herausquetschen. Es gibt unzählige Möglichkeiten, den Rüssel, der nur aus Muskeln besteht, zu verengen, zu erweitern, zu verschließen oder eine Gewebestruktur in Schwingungen zu versetzen, um einen Ton zu erzeugen. Elefanten haben nicht nur ein genetisches Repertoire an Lauten, sondern auch die Fähigkeit zum stimmlichen Lernen. Deshalb klingen sogar die Trompeten-Laute ein und desselben Elefanten jedes Mal ein wenig anders.

Rumble-Laute
Elefanten rumbeln auf die gleiche Art und Weise, wie wir Menschen sprechen und singen – indem die Stimmbänder ihres Kehlkopfs durch den Luftstrom zum Schwingen gebracht werden, jedoch enthalten ihre Rumble-Laute auch Anteile im Infraschallbereich (Laute unter 16 Hertz). Damit gehören die Elefanten zu den Tieren, die die tiefsten Laute erzeugen. Zum Verstärken der Laute pressen Elefanten ihren Rüssel auf den Boden.

Die tiefsten Frequenzanteile liegen bei etwa 10 Hertz und damit unterhalb der Hörgrenze des Menschen von 16 Hertz. Mit Spezialgeräten fanden Forscher heraus, dass diese für uns Menschen nicht hörbaren Infraschall-Laute sehr laut sind. Sie erreichen um die 100 Dezibel, was dem Lärm auf einer Baustelle entspräche. Zum Vergleich: Das Schnurren einer Katze hat eine Frequenz von 20 bis 30 Hertz, ist also fast so tief wie ein Elefanten-Rumble. Katzenschnurren funktioniert allerdings anders. Es ist unabhängig vom Aus- und Einatmen, da die Stimmbänder dabei nicht durch den Luftstrom, sondern durch Muskelkontraktionen in Schwingungen versetzt werden.

Die sogenannten Rumbles der Elefanten wurden 1984 von der Bioakustikerin Katy Payne entdeckt. Zuvor hatte sie als erste herausgefunden, dass Wale auch im Infraschallbereich kommunizieren. Als die Elefantenforscherin einmal in einem Zoo direkt neben einem Asiatischen Elefanten stand, spürte sie ein Vibrieren, das sie aus der Kirche kannte, wenn sie dort neben einer der ganz großen Orgelpfeifen stand. Dieses Erlebnis veranlasste sie, auch bei Elefanten nach Frequenzen im Infraschallbereich zu suchen. Und tatsächlich – solch tiefe Frequenzen können Elefanten erzeugen, weil sie so groß sind. Sie verfügen über längere Stimmbänder und auch ihr Resonanzkörper verfügt über mehr Volumen, vergleichbar mit einem Kontrabass, der viel tiefer klingt, als eine Violine.

Die von Elefanten produzierten tieffrequenten Rumble-Laute klingen für uns Menschen ein bisschen wie entferntes Donnergrollen oder ein tiefes Brummen. Ihre Faszination, einen solchen Rumble-Laut zu erleben, beschreibt die Elefantenforscherin Angela Stöger in ihrem Buch »Von singenden Mäusen und quietschenden Elefanten«:

»Der Pfleger tätschelte ihn zur Begrüßung am Bein und Tembo öffnete das Maul und antwortete mit einem mächtigen Rumble-Laut. Ich konnte den Laut spüren ‐ ich konnte ihn auch hören, weil wir so nahe waren -, aber vor allem habe ich ihn gespürt. Berührt man einen Elefanten während der Lautäußerung, so spürt man die Vibrationen am ganzen Körper des Tieres. Der tiefe Schall geht durch seinen Körper und den eigenen hindurch.« (Seite 21)

»Für Elefanten hat dies eine große Bedeutung: Sie leben in einem sehr flexiblen Sozialgefüge, eine große Herde trennt sich untertags häufig zum Fressen. […] Die Tiere wandern auseinander, bleiben jedoch ständig akustisch in Kontakt und koordinieren sich. Wenn sie sich später wiedertreffen, wird dies gehörig mit Lauten gefeiert, um ihre soziale Bindung zu bekräftigen. Genau daran lassen sich die Unterschiede festmachen:

Wenn Elefanten über größere Distanzen in Kontakt bleiben wollen, dann rumbeln sie durch den Rüssel. Sie verwenden den langen Vokaltrakt, um die für die Fernkommunikation nötigen tiefen Frequenzanteile besonders zu verstärken. Wenn sie sich aber wiedersehen und begrüßen ‐ selbst nach einer kurzen Trennung von zehn Minuten -, wird das Begrüßungsritual mehrere Minuten lang zelebriert.

Es entsteht ein faszinierender Chorus, alle Elefanten trompeten und rumbeln durcheinander, sie kommen ganz nah zusammen, berühren einander immer wieder und vokalisieren gemeinsam. In dieser Situation wird durch das Maul gerumbelt und dadurch werden die höheren Frequenzanteile der Laute verstärkt. Auf diese Art teilen sie besonders viel an Sozialinformationen – Individualität, Gruppenzugehörigkeit und vor allem Emotionen.« (Seite 63)

Die Lufttemperatur beeinflusst die Reichweite der Rumble-Laute. Durch die vom Boden aufgeheizte, nach oben steigende Luft verhallt der Schall relativ schnell. Nach Sonnenuntergang, wenn der Savannenboden abkühlt, entsteht ein Schallkanal, durch den Elefanten die Reichweite ihrer Fernkommunikation verdreifachen können. Deshalb nimmt die Anzahl der elefantösen »Ferngespräche« abends deutlich zu, wie der Meteorologe Michael Garstang von der Universität Virginia herausfand.

Quietsch-Laute
Asiatische Elefanten verständigen sich untereinander durch Zirp- und Zwitscherlaute. Bei großer Aufregung haben sie einen hohen Quietsch-Laut in ihrem natürlichen Repertoire, der an das Quieken eines Meerschweinchens erinnert und sich zwischen 600 und 2.000 Hertz bewegt. Die Elefantenforscherin Angela Stöger und ihr Team konnten nachweisen, dass die Elefanten Luft durch die angespannten Lippen pressen und sie damit in Schwingung versetzen. Diese Technik entspricht dem Lippensummen von Trompetenspielern, mit dem sie einen Ton erzeugen, dessen Obertöne dann durch das Blechblasinstrument verstärkt werden.

Imitations-Laute
Es gibt Berichte über einen Asiatischen Elefanten in den USA, der trompetet, als ertöne ein Schiffshorn.
Der Afrikanische Elefant Mongu im Tiergarten Schönbrunn kann eine Art Knatter-Geräusch erzeugen, indem er Luft durchs Maul presst.
Die kenianische Elefantenkuh Mlaika ahmt jeden Abend die Fahrgeräusche eines Lastwagens nach, und zwar so gut, dass Experten die elefantöse Imitation kaum von einem echten Lastwagen unterscheiden können.
Es existiert ein Asiatischer Elefant, der einige Wörter auf Koreanisch »spricht«. Angela Stöger erzählt uns begeistert:

»Eines war sofort klar: Koshik spricht besser Koreanisch als ich. Der Bulle moduliert die Laute, indem er seinen Rüssel ins Maul steckt und damit ganz offensichtlich die Resonanzräume in seiner Mundhöhle auf eine Weise gestaltet, dass er menschliche Laute erzeugt. Wir konnten feststellen, dass Koshik fünf Wörter relativ gut beherrscht, etwa »annyong« für »hallo«. Das war eine herausragende Entdeckung, denn Koshik ist heute das einzig lebende Säugetier, das Wörter verständlich nachahmt. […] Beispiele wie Koshik sind als Einzelfälle auch wissenschaftlich so interessant, weil sie uns zeigen, was alles möglich ist.«

Elefantensprache
Von den vielen unterschiedlichen Lautäußerungen des komplexen Kommunikationssystems der Elefanten ist ein Großteil bereits angeboren. Bioakustiker haben über 2.500 Soundbites von Elefantenbabys aufgenommen, wobei die meisten Laute mit der Nahrungsaufnahme zu tun haben.

Dennoch müssen Elefantenkälber ihr sprachliches Gedächtnis für das umfangreiche Vokabular der Elefantensprache kontinuierlich aufbauen, insbesondere das Nachahmen der vokalen Signatur der Laute ihrer Mutter und ihrer Herde, also den Dialekt ihrer Großfamilie, durch den Elefanten ihre Individualität und ihre Gruppenzugehörigkeit anzeigen. Das ist nicht nur wichtig für den Fall, dass ein Elefantenkalb auf größerer Distanz von seiner Mutter getrennt wird und dann um Hilfe rufen kann, sondern generell wichtig, um enge soziale Kontakte pflegen zu können, da sich die Tiere mit den tiefen Tönen gegenseitig ihres Wohlbefindens versichern oder vor Gefahren warnen.

Insgesamt wurden bereits über 6.000 elefantöse Lautäußerungen entdeckt, von denen bisher weniger als ein Dutzend entschlüsselt sind. »Elefanten haben ein komplexeres Kommunikationssystem, als wir es jemals vermuteten«, äußerte Caitlin O’Connell-Rodwell, Wissenschaftlerin am Center for Conservation Biology an der Stanford University.

Wenn euch der Beitrag gefallen hat, würden wir uns über einen Kommentar von euch sehr freuen. Ihr könnt euch gern zu unserem monatlichen Newsletter anmelden.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert