Elefantöses – Vom Elefantenbaum und seinen alkoholischen Früchten

Es gibt einen afrikanischen Baum, der Elefantenbaum genannt wird, weil seine Früchte, die riesigen Mirabellen gleichen, besonders gern von Elefanten gefressen werden. Welcher Baum mag das wohl sein?

Es ist der als König der afrikanischen Bäume bezeichnete, bis zu 20 Meter hoch wachsende Marula-Baum (Sclerocarya birrea) mit mächtiger Krone. Er stammt aus der Familie der Sumachgewächse (Anacardiaceae), wozu auch Mango-, Pistazien- und Cashewbäume gehören. Cashewnüsse werden übrigens Elefantennüsse oder Elefantenläuse genannt.

Eine der Hauptfiguren meines Elefantenromans habe ich nach dem Marulabaum benannt, wie ihr dem folgenden Auszug entnehmen könnt:

»Den afrikanischen Nachnamen hatte Leon, seit sein Randlord-Vorfahre seinen deutschen Nachnamen in Marula geändert hatte – höchstwahrscheinlich hatte sein Vorfahre eine Schwäche für Marula-Bier gehabt. Die Früchte für das hausgebraute Marula-Bier stammen vom Marula-Baum, der ausschließlich wild wächst, und zwar nur in Afrika um den südlichen Wendekreis herum.

Der Marula-Baum wird auch Elefantenbaum genannt, weil die cremig-nussigen Früchte mit dem intensiven, tropischen Duft gern von Elefanten gefressen werden. Früchte in Überfülle trägt allerdings nur der weibliche Marula-Baum, im Februar, zum Höhepunkt des afrikanischen Sommers. Etwa golfballgroß sind die Marula-Früchte zunächst olivgrün, später goldgelb, wenn sie reif sind. Marula-Früchte gehören – archäologischen Funden gemäß – von alters her auf den Speiseplan der Afrikaner. Wegen ihrer durstlöschenden, erfrischenden Wirkung lieben afrikanische Kinder die Vitamin-C-reichen Marula-Früchte, besonders wenn sie zuvor gekühlt wurden, während die Erwachsenen das hausgebraute Marula-Bier schätzen, welches wie alkoholisierter Limettensaft mit einem Hauch von Apfel schmeckt.

Südafrikareisende wiederum sind vor allem begeistert vom vollmundigen Geschmack des Marula-Likörs. Um das charakteristische, exotische Aroma einzufangen, wird das Fruchtfleisch in traditionellen Kupferkesseln destilliert, reift für zwei Jahre in Eichenfässern und kommt schließlich mit Sahne verfeinert als schmackhafter Sahnelikör auf den Markt – ein guter Tropfen mit einem Hauch von afrikanischer Wildnis.

Die afrikanische Wildnis, insbesondere die afrikanischen Elefanten, hatten es Leon schon von klein auf angetan. Nichts konnte seiner Ansicht nach das wilde Afrika, die ungezähmte Wildnis besser verbildlichen als eine umherziehende Elefantenherde.«

Elefanten wissen offenbar, was schmeckt. Auch wir lieben die Marula-Früchte, allerdings in Form von Amarula-Likör, dem weltweit am zweitmeisten verkauften Sahnelikör, dessen Etikett ein bronzefarbener Elefant ziert. Seit wir ihn auf unserer Afrikareise im Jahr 2016 das erste Mal zu unserem 7. Hochzeitstag probiert haben, ist es zur Familientradition geworden, ihn jedes Jahr an unserem Hochzeitstag zu trinken und uns dabei an die Reise unseres Lebens und die Big Five For Life zu erinnern, die wir damals geschmiedet haben.

In dem südafrikanischen Tierfilmklassiker »Die lustige Welt der Tiere« aus dem Jahr 1974, ein Dokumentarfilm, der den Golden Globe gewann, sieht man, wie Elefanten nach dem Verzehr der Marula-Früchte torkelnd durch die afrikanische Savanne laufen. Da die Steinfrüchte schnell verderblich sind und besonders die heruntergefallenen Früchte im Verlauf des Gärungsprozesses bis zu etwa 3 % Alkoholgehalt entwickeln, wurde zunächst angenommen, dass die Elefanten ein wenig beschwipst waren. Das mag auf kleinere Tiere zutreffen, jedoch nicht auf die tonnenschweren Elefanten.

Britische Forscher der Universität Bristol stellten klar, dass Elefanten das 400fache ihres täglichen Nahrungsbedarfs fressen müssten, also tonnenweise Marulafrüchte, um Symptome des Angetrunkenseins zu zeigen. Die Forscher haben eine andere Erklärung. Sie nehmen an, dass die beobachteten Rauschzustände eher von giftigen, in der Baumrinde des Marulabaumes lebenden Käferpuppen herrühren, da Elefanten neben den Früchten auch die Rinde verzehren. Dieses Gift, das Einheimische zum Anfertigen giftiger Pfeilspitzen verwenden, kippt anscheinend sogar tonnenschwere Elefanten aus den Socken.

Morris S, Humphreys D, Reynolds D., Myth, marula, and elephant: an assessment of voluntary ethanol intoxication of the African elephant (Loxodonta africana) following feeding on the fruit of the marula tree (Sclerocarya birrea), Physiological and Biochemical Zoology 2006 Mar-Apr;79(2):363-9. doi: 10.1086/499983.

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