Buchvorstellung – »Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück«

Cover fürs Buch »Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück«

Es kommt selten vor, dass ich ein Buch zweimal lese. Doch das philosophische Märchen Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück, Piper Verlag, München 2004, geschrieben von dem französischen Psychiater François Lelord, ist eng mit meinem Leben verbunden, sodass ich den 186-seitigen Roman in den letzten Tagen nicht nur nochmals gelesen habe, sondern mir auch die gleichnamige Verfilmung aus dem Jahr 2014 angeschaut habe. In der deutsch-britisch-kanadischen Drama-Komödie des britischen Regisseurs Peter Chelsom spielt der britische Komiker Simon Pegg den Psychiater Hector, der sich auf die Suche nach dem Geheimnis des Glücklichseins macht.

Wie so oft bei Literaturverfilmungen gefiel mir auch in diesem Fall das Buch wesentlich besser als der Film. Das liegt vor allem daran, dass Lelords Schreibstil nicht in einen Film übertragen werden kann. François Lelord schreibt leicht und stets mit einem Augenzwinkern, vor allem was seine überzeichneten Figuren angeht. Es stimmt heiter, sowohl seine überspitzten als auch seine versteckten psychologischen Andeutungen zu entschlüsseln. Nachdem ich inzwischen eine Ausbildung zur Glückstherapeutin gemacht habe, verstand ich noch besser, welch große Bedeutung in der Psychotherapie der folgende Hinweis hat, der auf Seite 107 auf humorvolle Weise so ganz nebenbei eingestreut ist: Wissen und Fühlen ist nicht dasselbe.

Wer mein Erstlingswerk Traumtanz mit dir gelesen hat, kennt den Wendepunkt in meiner eigenen Liebesgeschichte, als mich Oliver 2005 im Krankenhaus besuchte und mir Lelords Glücksbuch als Geschenk mitbrachte. Beim Lesen fiel mir damals auf, wie eng Glück und Liebe miteinander verwoben sind: dass man beispielsweise glücklich ist, wenn man mit jemandem zusammen ist, den man liebt (Lektion 8), oder wenn man so geliebt wird, wie man eben ist (Lektion 14). Das sind zwei der 23 Glücksfaktoren, die Hector während seiner Reise herausfindet und in Form von kurzen Sätzen als Lektionen in sein Notizbuch schreibt.

Mich hat im Jahr 2005 die Lektion 15 besonders beeindruckt: Glück ist, wenn man sich rundum lebendig fühlt. Mir wurde seinerzeit klar, dass ich mich immer dann durch und durch lebendig gefühlt hatte, wenn ich mit Oliver getanzt und gelacht hatte. In solchen Momenten hatte ich mich stets zutiefst glücklich und erfüllt gefühlt. Das Schöne ist, dass wir danach nicht nur ein Liebespaar, sondern auch ein Ehepaar wurden, und ich mich jetzt, fast 20 Jahre später, noch immer so wundervoll glücklich fühle, wenn er mich fürs gemeinsame Tanzen in die Arme nimmt, was täglich vorkommt, da wir uns sogar ein Tanzzimmer eingerichtet haben.

Wer jedoch erwartet, im Buch die eine Glücksformel zu finden, wird enttäuscht sein, denn Glück kann für jeden Menschen, zu unterschiedlichen Zeiten, in verschiedenen Lebensbereichen, etwas anderes bedeuten. Nicht jeder hat wie der Psychiater Hector die Gelegenheit, in einem Glückslabor das Lächeln seines Gehirns zu sehen, also die Zone(n), die im Gehirn aktiviert werden, wenn man sich so richtig glücklich fühlt. Das brauchen wir auch nicht, denn wir können es deutlich spüren, wenn wir uns einen Moment der Stille nehmen, um in uns hineinzufühlen und kopfmäßig nicht immer schon im nächsten Moment sind oder gerade etwas gegen unser mögliches Glück tun, wie es Paul Watzlawick in seinem Buch Anleitung zum Unglücklichsein schildert, der das Thema Glück von der anderen Seite her aufrollt.

Sehr gut gefallen hat mir, dass Lelord am Schluss davon spricht, dass es verschiedene Arten des Glücks gibt, unter anderem spricht er von beschwingtem Glück oder stillem Glück: »Beschwingtes Glück ist, wenn man sich freut, wenn man feiert, auf Reisen geht oder mit einer Frau, nach der man wild ist, im Bett liegt.« (S. 174) Stilles Glück beschreibt Lelord so: »Wenn man ganz einfach zufrieden ist und nur möchte, dass es so weitergeht.« (S. 175)

Dieses stille Glück gelingt denen, die eine grundlegend optimistische Sichtweise auf das Leben haben, und denen, die gute Gelegenheiten zum Glücklichsein nicht einfach verstreichen lassen. Wer dieses Buch liest, erfährt so einiges aus dem relativ jungen Zweig der Positiven Psychologie, der Glücksforschung, und wird anschließend seine Chancen auf ein glückliches Leben sicherlich neu und hoffentlich positiver bewerten.

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