Weltglückstag – 20. März 2024

Cover fürs Buch »Grundrecht auf Glück«

Glück ist das letzte Ziel
allen menschlichen Handelns.

Aristoteles

Schon zum Weltglückstag 2023 habe ich auf die Vorreiterrolle Bhutans hingewiesen, ein buddhistisches Königreich am östlichen Rand des Himalayas, das neben dem BIP (Bruttoinlandsprodukt) auch das BNG (Bruttonationalglück) erhebt, also das, was das Leben wirklich lebenswert macht. In Bhutan hat man erkannt, an was uns der Weltglückstag erinnern möchte: Glück ist eines der grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse. Das diesjährige Motto des Weltglückstags lautet:

Happier Together – Gemeinsam glücklicher

Zum Weltglückstag 2024 stelle ich das 204-seitige Buch Grundrecht auf Glück: Bhutans Vorbild für ein gelingendes Miteinander, Nymphenburger Verlag, München 2014, in den Mittelpunkt. Der Autor Dr. Ha Vinh Tho (auf dem Coverbild zu sehen), leitete – sozusagen als »Glücksminister« – von 2012 bis 2018 das Gross National Happiness Centre (Bruttonationalglück-Zentrum) in Thimphu, der Hauptstadt Bhutans. In einem Interview mit dem Onlinemagazin Netzwerk Ethik heute am 18. Oktober 2020 wurde Dr. Ha Vinh Tho gefragt, was in seinen Augen wichtig sei für ein gelingendes Leben. Seine Antwort:

»Erstens die Verbindung zu sich selbst. Das heißt, wir führen ein Leben, das unseren Werten und Idealen entspricht. Hier darf es keine Diskrepanz geben zwischen meinen Überzeugungen und dem, was ich im Alltag tue.

Zweitens die Qualität der menschlichen Beziehungen. Diese ist ausschlaggebend für ein gutes Leben: Freundschaft, Liebe, gute Beziehungen zu Verwandten, Freunden und Kollegen. Einsamkeit ist ein Riesenproblem in der westlichen Gesellschaft. Ein Zugehörigkeitsgefühl, Gemeinschaft stärkt unser Wohlbefinden.

Drittens die Harmonie mit der Natur. Ich gehe jeden Tag mindestens einmal in die Natur. Ich wohne glücklicherweise am Waldrand und bin in 20 Minuten am See. Ich schwimme, laufe und es macht mir Freude, in der Natur zu sein. Das ist für mich eine Kraftquelle.«

Das ist auch die Kernaussage seines sehr empfehlenswerten Buches, in dem ich eine Fülle von guten Gedanken über das Glück gefunden habe, zum Beispiel …

  • dass Glück mehr ist als eine kurze emotionale Hochstimmung
  • dass Glück nicht auf dem Irrweg der Befriedigung endloser Gier gefunden werden kann,
  • wie das Glück aller Wesen vermehrt werden kann,
  • warum »das BIP als alleiniges Maß des Erfolgs eine Sackgasse ist«, wie es Jacqueline McGlade, Generaldirektorin der Europäischen Umweltagentur ausdrückte.
    –> Der Grund: Weil wir so auf Kosten der kommenden Generationen leben, wie eine Homo oeconomicus (Ego- statt Ökobewusstsein) – oder wie es der Wirtschaftswissenschaftler John Kenneth Galbraith ausdrückte: »Ein ungezügelter Kapitalismus, der nur das Wachstum der Wirtschaft im Blick hat, produziert privaten Reichtum und zugleich öffentliche Armut.«

Eine zeitgemäßere Form des Wirtschaftens und des gesellschaftlichen Zusammenwirkens sei das in Bhutan gelebte Bruttonationalglück, denn es sei »gelebte Gerechtigkeit«. Dabei sieht er den Index des Bruttonationalglücks nicht als »Maßstab des Glücks«, wie oft falsch interpretiert wird, sondern als »Orientierungshilfe«, die Bedingungen schaffe, innerhalb derer sich bei den Menschen Glück entwickeln könne. Das sei zwar schwierig umzusetzen, auch in Bhutan, doch schwierig hieße nicht unmöglich. Als positive Beispiele nennt er, dass in Bhutan die gesamte Schulbildung (einschließlich Studium) sowie das Gesundheitswesen (Behandlung, einschließlich Medikamenten) für alle im Land lebenden Menschen vollkommen gratis ist. Oder dass im Grundgesetz festgelegt sei, dass 60 Prozent des Landes für immer bewaldet bleiben müssen. (Aktuell sind es 72 Prozent des Landes.) Seit 2020 hat Bhutan zudem seine Landwirtschaft vollständig auf eine biologische Wirtschaftsweise umgestellt.

Des Weiteren sind mir noch folgende nachahmenswerte Beispiele im Schulwesen Bhutans aufgefallen, im »Land des Glücks« oder wie die Bhutaner es selbst nennen »dem Land des Donner-Drachens« (Druk Yul) mit der berühmten Eremitenklause namens »Tigernest«:

  • So beginnt beispielsweise im ganzen Land jeder Schultag mit einer kurzen Achtsamkeitsmeditation.
  • Lehrer werden darin geschult, soziale, emotionale und ethische Kompetenzen genauso ernst zu nehmen und zu schätzen, wie sie den Wert des akademischen Wissens hochhalten. Prüfungsmethoden, die bis jetzt ausschließlich die Erinnerungsfähigkeit und den Intellekt ergründen, sollen weiter gefasst werden.

Interessant fand ich Dr. Ha Vinh Thos Vorstellung von sinnvoller Pädagogik, die auf dem Gedanken fußt, das Glück eine Kompetenz ist, die es zu erlernen gilt:

»Daraus erfolgt die Notwendigkeit, Erziehung viel weiter und umfangreicher zu definieren. Nur dann können wir Kindern die Fähigkeiten vermitteln, die sie wirklich brauchen.

Es ist völlig sinnlos, Kinder nur auf die Bedürfnisse der heutigen Wirtschaft und einen hypothetischen Arbeitsmarkt vorzubereiten. Denn die Welt von morgen muss erst erfunden werden und sie wird höchstwahrscheinlich sehr anders sein als diejenige, die wir bis jetzt gekannt haben und heute kennen.

Unsere Kinder an die aussterbende Welt anzupassen, ist nicht das Beste, was wir ihnen für ihr vor ihnen liegendes Leben mitgeben können. Wir müssen ihnen die Kreativität, das Selbstvertrauen und die Kraft vermitteln, das Neue, was geboren werden will, mitgestalten zu können.«

Genau das brauchen wir global – eine Pädagogik, die nicht nur das Äußere lehrt, sondern auch die innere Entwicklung der Kinder fördert. Auch in Deutschland fördern Menschen wie der Meditationslehrer und Unternehmensberater Dr. Kai Romhard solche Ziele:

»Verändert sich unser Geist, verändern sich auch unser Konsum, unser Umgang mit Geld und unsere Arbeit. Wir gründen andere Unternehmen und produzieren andere Produkte. Wir schaffen ein neues Miteinander und zeigen Alternativen zum zermürbenden Gegeneinander und Konkurrieren auf. Gemeinsam eine achtsamere Wirtschaft zu schaffen, jeder an seinem Platz und mit seinen Talenten, dazu lädt das Netzwerk Achtsame Wirtschaft ein.«

Würde man Shantideva, einen indischen Philosophen und buddhistischen Meister, fragen, was für ihn Glück ist, würde er – ganz im Sinne der heutigen wissenschaftlichen Glücksforschung – sagen:

Alles Leid entspringt,
wenn wir nur für uns selbst Vergnügen suchen.

Alles Glück der Welt begegnet uns, wenn wir andere glücklich machen.

Wenn euch der Beitrag gefallen hat, würden wir uns über einen Kommentar von euch sehr freuen. Ihr könnt euch gern zu unserem monatlichen Newsletter anmelden.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert