Making-of »Traumtanz mit dir«

Ich lag auf der Matte, während mir Yvonne mit ihren liebevollen, erfahrenen Händen eine Shiatsu-Druckmassage gab. Mit dem sanften Druck ihrer Finger, Handflächen, Ellbogen und Knien massierte sie mich entlang der Energiebahnen (Meridiane) meines Körpers. Vor einigen Wochen hatte ich bei ihr die erste Shiatsu-Massage meines Lebens gehabt und war anschließend den Rest des Tages wie auf Wolken geschwebt, so gut war es mir danach gegangen.

Doch heute war meine gesamte Muskulatur extrem verspannt und mein Herz total verkrampft – mein gesamter Organismus schien eine einzige Blockade zu sein. Während Yvonne die einzelnen Punkte der Meridiane drückte und sich meinen Energieblockaden entgegenstemmte, hatte ich das Gefühl, meinen inneren Schmerz im Leben nicht mehr auflösen zu können – vom ausgeglichenen Zustand eines Chillaui, bei dem sich alle Körperenergien im Fluss befinden, war ich weit entfernt.

»Was ist los mit dir?«, fragte mich Yvonne, »möchtest du darüber reden?« Ich wollte eigentlich nicht. Sie würde mir nicht helfen können. Deshalb schwieg ich. Doch Tränen liefen mir die Wangen herunter, während Yvonne daran arbeitete, den unterbrochenen Energiefluss in meinem Körper wieder zu harmonisieren. Wie hätte ich ihr auch die große Trostlosigkeit in meinem Herzen beschreiben sollen? Mit welchen Worten hätte ich ihr gegenüber ausdrücken sollen, dass mir vor einigen Monaten in meiner großen seelischen Verzweiflung der Gedanke gekommen war, meinem Leben ein Ende zu setzen, um dem Leid meiner unglücklichen Ehe zu entgehen? Wie hätte ich ihr erklären sollen, dass ich zwischenzeitlich übers Tanzen wieder zurück zur Lebensfreude gefunden hatte, mich dadurch aber in eine neue Lebenssituation gebracht hatte, die mir das Herz zerriss?

Ich schluchzte auf, während Yvonne meinen Körper voller Mitgefühl berührte, um meine starken muskulären Verspannungen und damit verbundene Energieblockaden zu lösen. Ich hatte Schwierigkeiten, mich fallen zu lassen, die Bewegungen meiner Körperteile geschehen zu lassen, ohne Widerstand auszuüben. Doch Yvonne machte unbeirrt weiter und sprach mir leise zu, meine Gefühle nicht zu unterdrücken, sondern dass es völlig in Ordnung sei, meinen Kummer jetzt einfach herauszulassen.

Nachdem mein tränenreicher Ausbruch verebbt war, begann ich zu erzählen. Darüber, wie ich ihn das erste Mal an der Bar einer Tanzschule gesehen hatte, mit einem kleinen, goldenen Rüssel-hoch-Elefanten im Ohr. Darüber, dass ich davon überzeugt war, meine große Liebe gefunden zu haben, und davon, dass diese in gleicher Intensität erwidert würde. Darüber, dass wir Seelengefährten waren, jedoch nichts zwischen uns sein durfte – außer sehnsuchtsvollen Blicken, während wir gemeinsam tanzten. Darüber, dass wir bereits aus Vernunftgründen versucht hatten, unsere Tanzbeziehung zu beenden, aber wie wir uns – wie zwei Magnete – mit allen Fasern unserer Herzen immer wieder anzogen.

Doch es mache uns beide krank, dass aus uns nichts werden dürfe. Kürzlich hätten wir uns verabredet: in zehn Jahren würden wir uns wieder treffen, in unserer Tanzschule, aber ohne große Hoffnung, dass sich bis dahin unsere Lebensumstände geändert hätten und wir vielleicht doch noch als Paar zusammenkommen konnten – in zehn Jahren!!!

Das sei kaum auszuhalten. Noch nie hätte ich für einen Menschen so empfunden wie für ihn. Aber ich wolle meinen beiden Kindern keine Scheidung zumuten, sondern lieber in meiner schwierigen Familiensituation ausharren, zumindest bis sie groß genug wären, und selbst dann wisse ich nicht, wie ich eine Scheidung mit meiner religiösen Überzeugung würde vereinbaren können. Nein, es gäbe keinen Ausweg. Unsere Lage sei hoffnungslos. Wir könnten unser Glück nicht leben. Es bliebe nur die kaum vorhandene Hoffnung, dass in zehn Jahren – vielleicht? Er hätte mir ein eigenes Gedicht auf ein selbst gemachtes Foto von einer Bank am See geschrieben und einen Abschiedsbrief überreicht, der mit dem Satz endete: »Vielleicht sitzen wir beide irgendwann einmal auf dieser Bank, Hand in Hand, und lesen gemeinsam diese Zeilen.«

Und genau das haben Oliver und ich etwa drei Jahre später, am 4. Oktober 2008, tatsächlich gemacht! Bei einem gemeinsamen Urlaub in Bayern saßen wir genau auf dieser Bank und erinnerten uns an den Beginn unserer Liebe. Vielleicht kommt ja daher Olivers Vorliebe für Bänke als regelmäßiges Fotomotiv. 

Ebenfalls im Jahr 2008 – bei einem Tanzurlaub in Ägypten – entstand beim Tango tanzen ein Foto von uns, das als Scherenschnitt auf dem Cover von »Traumtanz mit dir« zu sehen ist. Auch der Inhalt ist mit kleinen Scherenschnitten von Rosen und Schwänen in herzförmiger Bewegung liebevoll gestaltet worden, die auf Besonderheiten hindeuten wie die Rosen-Anekdote um Rainer Maria Rilke oder das Tanzsolo vom sterbenden Schwan bzw. die gleichnamige Fabel von Johann Gottfried Herder. Umrahmt von kleinen Lebensweisheiten entwickelt sich in Traumtanz mit dir nach und nach unsere eigene Geschichte, wie alles so war, als wir uns kennenlernten.

Oft werde ich als Autorin gefragt: Wenn dies eure Liebesgeschichte ist, warum heißen dann die Hauptfiguren Sonja und Alexander? Nun, Alexander ist Olivers Zweitname und Sonja – die russische Koseform des weiblichen Vornamens Sophia – entspricht der deutschen Variante Sofie, also meinem Zweitnamen, welcher »Weisheit« oder »die Weise« bedeutet. Zudem hat der Vorname Sonja – hergeleitet vom russischen »son« – die Bedeutung von »die Träumende«. Wie passend! Denn der Titel Traumtanz mit dir ist ganz anders gemeint, als von den meisten gedacht, der Sinn erschließt sich erst während des Lesens.

Übrigens, auch die kleinen Tanzanekdoten, die neben der Hauptgeschichte immer wieder eingestreut sind, haben genau so stattgefunden. Ich mailte sie damals an Oliver, dem sie so gut gefielen, dass er mir eines Tages schrieb: »Diese amüsanten Kurzgeschichten solltest du veröffentlichen und dir damit eine ›goldene Nase‹ verdienen.« Jedoch holte ich mir im Leben erst einmal eine »blutige Nase« – nachzulesen in meiner beruflichen Autobiografie Kaputtgekündigt…‽ Darin findet sich die Fortsetzung unserer Lebensgeschichte und auch der Spruch meiner Freundin Yvonne, den sie mir nach der Shiatsu-Behandlung in Form eines handbeschriebenen Kieselsteins schenkte: Die Vergangenheit ist Geschichte, die Zukunft ist ein Geheimnis, und dieser Augenblick ist ein Geschenk.

Mit diesem Spruch schenkte mir Yvonne damals etwas sehr Wertvolles. Sie hat mir damit die Hoffnung wiedergegeben, dass in naher Zukunft vielleicht doch noch alles gut werden würde. »Ich wünschte, ich könnte dir auch etwas schenken, um mich zu bedanken«, hatte ich damals zu ihr gesagt, worauf sie zu meiner Überraschung antwortete, ich hätte ihr bereits etwas gegeben. Ich hätte ihr mit meiner Geschichte den Glauben an die wahre Liebe zurückgegeben. Sie sei davon überzeugt, dass eine so große Liebe wie die unsere auch ihren Weg finden würde, egal, wie groß die Hindernisse seien.

Nun, Hindernisse habe ich in meinem Leben inzwischen viele überwunden. Vielleicht kommt das, was mir Oliver gewünscht hat, ja auch noch, ich meine das mit der »goldenen Nase« einer Bestsellerautorin – immerhin haben wir uns mit einem eigenen Verlag selbstständig gemacht. Bis dahin freue ich mich über jede Leserin und jeden Leser, denen ich mit meiner bezaubernden Liebesgeschichte Traumtanz mit dir sowie weiteren Rüssel-hoch-Büchern einen bunten Strauß voller Lebensfreude schenken darf.

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