Elefantöses – Wie musikalisch sind Elefanten?

»Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie.
Wem meine Musik sich verständlich macht,
der muss frei werden von all dem Elend,
womit sich die anderen schleppen.«
(Ludwig van Beethoven)

Musik hat die Macht, positive Gefühle zu wecken. Die Harmonie musikalischer Klänge kann uns glücklich stimmen, beflügeln, beruhigen, entspannen, ja sogar Schmerzen lindern, indem die Ausschüttung von Noradrenalin begünstigt wird, welches dem Stresshormon Cortisol entgegenwirkt. Musik hat tatsächlich Einfluss auf körperliche Vorgänge wie Herzschlag, Atemfrequenz, Blutdruck, Muskelspannung und Hormonhaushalt. Kein Wunder, dass Musik immer mehr auch therapeutisch eingesetzt wird.

Im Internet findet man einige Videos des Pianisten Paul Barton, der in Thailand für ehemalige Arbeitselefanten spielt. Seine Idee: Was für Menschen gut sei, das könne auch Elefanten gefallen und sie entspannen. Doch der Elefantenschutzverein Future for Elephants entlarvt das Märchen vom heilsamen Klavierspiel für verletzte Elefantenseelen. Wer genau hinschaut, stellt fest, dass es eine kommerzielle Masche ist. Auf den Videos sind keine andächtig lauschenden Elefanten zu sehen, sondern Elefanten, die von Mahuts dirigiert werden. Die Piano-Videos sagen daher nichts über die Musikalität von Elefanten aus.

Dennoch scheinen Elefanten Musik zu mögen und auf sie zu reagieren. Die bekannte Elefantenschützerin Lek Chailert singt in ihrem Elephant Nature Park in Thailand den von ihr betreuten, ehemals von deren Mahuts mit Ketten und Elefantenhaken brutal geschundenen Arbeitselefanten Schlaflieder vor, was eine beruhigende Wirkung auf die traumatisierten Tiere hat. Auch zeigte eine Studie, dass klassische Musik einen beruhigenden Einfluss auf Elefanten hat und Verhaltensstörungen reduziert. (D.L. Wells & R.M. Irwin, Auditory stimulation as enrichment for zoo-housed Asian elephans (Elephas maximus), Animal Welfare, 17/4, 2008, S. 335)

Katharina Fechner schreibt in ihrer Diplomarbeit Tiere und Musik (2010), dass ein positiver Effekt von Musik für Zooelefanten denkbar wäre – sie könne dazu dienen, störende und unangenehme Geräusche aus der Umgebung auszublenden. Das Stimmengewirr der Zoobesucher könne mit Musik oder Naturgeräuschen möglicherweise so übertönt werden, dass dadurch der Stress der Elefanten, die ja ein viel empfindlicheres Gehör als Menschen haben, reduziert würde.

Es gibt viele Beobachtungen, die zeigen, dass Tiere zum Rhythmus von Musik mit ihrem Körper mitwippen, auch Elefanten. Bei einer japanischen Studie mit Ratten, denen unter anderem Stücke von Mozart vorgespielt wurden, konnte der erste Nachweis von angeborenem Taktgefühl bei Tieren geliefert werden. Man stellte fest, dass Ratten ein angeborenes Taktgefühl haben und auf ganz ähnliche Rhythmen reagieren wie Menschen. (Yoshiki Ito et al., Spontaneous beat synchronization in rats: Neural dynamics and motor entrainment, Science Advances, 11 Nov 2022, Vol. 8, No. 45)

Der deutsche Biologe Bernhard Rensch fand in den 1950ern heraus, dass Elefanten zwölf Töne auf der Tonleiter unterscheiden und sich einfache Melodien merken können, selbst wenn sie auf verschiedenen Instrumenten in verschiedenen Tonhöhen, Klangfarben und Metren (Betonungen) gespielt werden, ohne damit bereits eindeutig die Grenze der Lernfähigkeit erreicht zu haben. (Bernhard Rensch, Akustische Dressurversuche an einem Indischen Elefanten, Ethology, 1957, Vol. 14, Issue 1)

In der Provinz Lampang (Thailand) gibt es ein Elefantenorchester, in dem Elefanten an eigens für sie gefertigten Instrumenten spielen: Trommeln, Gongs, Xylophone, Holzblas- und Streichinstrumente. Das Thai Elephant Orchestra wurde 2000 von dem in Thailand tätigen Elefanten-Experten Richard Leir und dem Neurowissenschaftler David Sulzer aus der Not heraus gegründet, um eine alternative Lösung für die Mahuts und ihre ehemaligen Arbeitselefanten zu finden, also eine neue Einkommensquelle für sie zu erschließen.

Stefan Kölsch, ein anderer Neurowissenschaftler und Musiktherapeut, bestreitet jedoch, dass Elefanten tatsächlich Musik produzieren können. Die Elefanten seien nur dressiert, mit dem Rüssel auf Anweisung Instrumente zu bedienen. Das gilt meiner Meinung nach auch für das Malen von Bildern mit ihrem Rüssel. Das wird alles nur als Touristenattraktion inszeniert und hat nichts mit natürlichem Verhalten von Elefanten zu tun. Sie tun es nicht freiwillig aus sich selbst heraus, zudem ist allgemein bekannt, wie grausam Mahuts bei der Dressur sein können.

Unter den meisten Forschern wird generell die Ansicht vertreten, dass Tiere kein musikalisches Verständnis haben. Es sei fraglich, ob es tatsächlich Musikalität ohne eine Vorstellung von Musik geben könne. So äußerte sich beispielsweise der Kognitionspsychologe Daniel J. Levitin dahingehend, dass Verhaltensweisen von Tieren nicht vermenschlicht werden sollten und wir Tiere nicht nur aus unserer eigenen kulturellen Sicht betrachten sollten. Was für uns wie Musik oder ein Lied klinge, könne für Tiere eine völlig andere Funktion haben. (Daniel J. Levitin, Der Musik-Instinkt. Die Wissenschaft einer menschlichen Leidenschaft, Heidelberg: Spektrum, 2009, Seite 342)

Die Frage, wie musikalisch Elefanten sind bzw. was ihnen Musik bedeutet, bleibt vorerst unbeantwortet. Mit ihrem guten Hörvermögen und ihrer Fähigkeit, Emotionen zu empfinden, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass Elefanten wie wir Menschen durch Naturgeräusche und harmonische musikalische Klänge nicht nur beruhigt werden, sondern auch auf besondere Weise berührt werden, denn Musik vermag uralte emotionale Bedürfnisse zu stillen.

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