Elefantöses – Der Mythos vom Elefantenfriedhof

Legende vom Elefantenfriedhof auf dem Mount Kilimanjaro

Nach den Mythen der Chagga, die schon seit langer Zeit an den Hängen des Kilimanjaro-Massivs leben, gibt es hoch oben, jenseits der Schneegrenze, einen Elefantenfriedhof. Die Chagga glauben, dass Elefanten aus der Kilimanjaro-Region erkennen, wann ihre Zeit zu sterben gekommen ist, und den Berg besteigen, um sich in eine unerreichbare Grube zu stürzen, in die sich schon unzählige Ahnen gestürzt haben. Der Chagga-Legende nach entziehen sich die Elefanten auf diese Weise über ihren Tod hinaus dem Zugriff von Elfenbeinwilderern, die sie ihr Leben lang jagten. Die Chagga beschreiben den Elefantenfriedhof als gespenstisch und verflucht. Sollte jemand diese Grube finden und so gierig auf Elfenbein sein, dass er sich traut, die Stoßzähne mitzunehmen, wird auf der Stelle erblinden bzw. – nach einer anderen Erzählversion der Chagga – diese Freveltat nicht überleben.

Tatsache ist, dass auch heute noch eine kleine Elefantenpopulation in den Wäldern der Kilimanjaro-Hänge lebt. In seinem Buch Kilimanjaro: Auf das Dach Afrikas erzählt der Bergsteiger, Fotograf und Filmemacher David Breashears, dass er sich auf die Suche nach diesem legendären Elefantenfriedhof gemacht hat. Er fand ihn zwar nicht, dafür aber ein Elefantenskelett auf der Nord-West-Seite des Kibos, der mit 5895 m die höchste Bergspitze Afrikas ist. Der Fund von Elefantenknochen auf einer Höhe von 4572 m – viele Höhenmeter über dem natürlichen Lebensraum von Elefanten – nährt natürlich die Legende, denn welchen Grund könnte es für den Elefanten gegeben haben, so hoch auf einen Berg zu steigen? Wissenschaftler vermuten, dass der Elefant deshalb motiviert war, so hoch aufzusteigen, weil er mineralstoffreiches Vulkangestein lecken wollte – wie die berühmten Salzelefanten in den vulkanischen Lavahöhlen des Mount Elgon an der Grenze zwischen Kenia und Uganda. Da die Tiere ihr Wissen um solche Orte der Mineralstoffaufnahme Generation um Generation weitergeben, könnte dies zur Legende der Chagga vom Elefantenfriedhof auf dem Kilimanjaro geführt haben.

Woher kommt der Mythos, dass Elefanten einen bestimmten Platz zum Sterben aufsuchen?

Dieser weit verbreitete Mythos vom Elefantenfriedhof – dass sich Elefanten zum Sterben allein auf den Weg zu einem Sammelplatz begeben, um dort inmitten der Knochen ihrer Vorfahren zu sterben und später von ihren Nachkommen besucht zu werden – geht vor allem auf Filme zurück, in denen solche Elefantenfriedhöfe vorkommen, beispielsweise in Tarzan-Verfilmungen oder im Film König der Löwen. Auch in Asterix-Comics und manch anderen Abenteuerromanen ist so ein Elefantenfriedhof das Ziel gieriger Elfenbeinwilderer.

Von Elefanten weiß man, dass sie Skelette von Artgenossen auf ihren Wanderungen aufsuchen, an ihnen riechen und einzelne Knochen bewegen. Das könnte ein weiterer Grund sein, warum sich das Bild eines Elefantenfriedhofs in die Köpfe der Menschen eingenistet hat.

Heute werden Ansammlungen von Elefantenknochen damit erklärt, dass sich ältere Elefanten nach etwa 60 Jahren, wenn ihre Zähne abgenutzt sind, meist in sumpfige Gebiete zurückziehen, wo weicheres Futtermaterial wächst, und dort verenden. In Trockenzeiten werden die Skelette der im Sumpf und Schlamm versunkenen Elefanten freigelegt und erzeugen so das Bild von einem Elefantenfriedhof.

Der Elefantenfriedhof Cecanibbio bei Rom

Dafür, dass sich viele Elefantenknochen auf einem kleinen Gebiet befinden, kann es viele Gründe geben. Wilderer könnten viele Tiere an einem Ort getötet haben. Eine größere Anzahl Elefanten könnte durch plötzliches Hochwasser, Schlamm- oder Erdrutsche umgekommen sein. Elefantenknochen könnten von Gewässern an Stellen mit langsamer Strömung abgelagert worden sein. Zum Beispiel entdeckten 1984 italienische Archäologen rund 20 Kilometer nördlich von Rom zahlreiche versteinerte Knochen vieler Tierarten aus der Zeit des Pleistozän, unter anderem des prähistorischen Europäischen Waldelefanten (Palaeoloxodon antiquus). Die Knochen hatten sich in einem ehemaligen Flussbett bzw. im umliegenden Sumpfgebiet gesammelt. Ablagerungen aus fluoridhaltigem Lavagestein hatten für eine ausgezeichnete Erhaltung dieser prähistorischen Knochen gesorgt. Der bedeutendste Fund auf dem Gelände Polledrara di Cecanibbio war das Skelett eines der riesigen Waldelefanten, welcher in dem morastigen Gebiet einsank und umkam. Inmitten seiner Rippen fanden die Paläontologen das Skelett eines Wolfes, der sich offenbar über den hilflosen Elefanten hermachte, dann aber selbst dem Sumpf zum Opfer fiel.

Wie sterben Elefanten?

Auch wenn es ein Mythos ist, dass sich alte und kranke Elefanten zum Sterben auf sogenannte Elefantenfriedhöfe zurückziehen, wird Elefanten ein besonderes Verständnis des Todes zugesprochen, ja sie scheinen sogar verstorbene Herdenmitglieder zu betrauern. Wildhüter berichten immer wieder, dass Elefanten längere Zeit bei ihren sterbenden Artgenossen bleiben und sie aufmunternd anstupsen, um sie zum Aufstehen zu bewegen. Wenn ein Tier gestorben sind, wiegen sich die anderen Elefanten sanft hin und her und ihre Rüssel streichen zart über den leblosen Körper. Oft trompeten sie aufgeregt, betasten den toten Körper und entfernen sich stunden-, ja mitunter sogar tagelang nicht von dem Kadaver. Es wirkt, als ob sie Abschied nehmen wollten, denn so lange dauert es nicht, um zu überprüfen, ob ein Artgenosse nur schläft oder tot ist. Selbst Elefanten aus benachbarten Herden schauen zu einem letzten Besuch vorbei. Von Afrikanischen Elefanten wird sogar berichtet, dass sie den toten Körper schließlich mit Ästen oder Laub bedecken.

Aus diesem Verhalten schließen manche Forscher, dass Elefanten dazu fähig sind, Trauer zu empfinden. Wie beim Menschen lässt sich bei Elefanten in einem Trauerfall ein erhöhter Cortisolspiegel messen, was auf ein Stressempfinden hindeutet, doch ob das wirklich Gefühle der Trauer sind, lässt sich natürlich nicht messen bzw. beweisen. Erstaunlich ist jedoch, dass Elefanten auch dann lange verweilen, wenn sie auf ihren Wanderungen zufällig Knochen von verstorbenen Artgenossen finden. Durch das intensive Beschnüffeln und Identifizieren solcher Überreste nehmen Elefanten möglicherweise den Artgenossen »als verstorben« in ihr Gedächtnis auf, was mit dem Lesen einer Todesanzeige vergleichbar wäre.

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