Elefantöses – Vor welchen Tieren haben Elefanten einen Heidenrespekt?

Als die größten Landlebewesen haben Elefanten keine natürlichen Feinde unter den Tieren. Entsprechend souverän bewegen sie sich in der freien Natur. In der Regel müssen sie nicht einmal Raubkatzen fürchten; doch es gibt Ausnahmen. Im afrikanischen Botswana im Chobe-Nationalpark haben sich mehrere Löwenrudel auf Elefanten spezialisiert. Sie jagen junge, allein umherziehende Elefantenbullen, die gerade erst ihre Herden verlassen haben.

Doch es gibt ein Tier, vor dem selbst ausgewachsene Elefanten Angst haben und die Flucht ergreifen: die Ostafrikanische Hochlandbiene (Apis mellifera scutellata). Natürlich fürchten sie sich nicht vor einer einzelnen Biene. Doch die Afrikanische Honigbiene hinterlässt ein Pheromon, wenn sie sticht, und ruft damit ihre Artgenossen zu Hilfe. Die grauen Riesen werten also den Angriff eines ganzen Schwarms wütender Afrikanischer Honigbienen als eine ernstzunehmende Gefahr.

Man denkt immer, die bis zu zwei Zentimeter dicke Elefantenhaut, die ihre Körpermasse zusammenhalten soll, würde die Elefanten vor Insektenstichen schützen. Aber hinter den Ohren, um die Augen, am Rüsselansatz, am Bauch, an der Brust und den Achseln ist auch die Haut eines Elefanten so dünn wie Papier. Zudem hat Elefantenhaut dort eine reiche Nervenversorgung, so dass ein Elefant jede Fliege wahrnimmt, die auf seiner Haut landet und Bienenstiche auch für Elefanten extrem schmerzhaft sind.

Von einem Bullen in Tansania ist bekannt, dass er beim Fressen aus Versehen ein Wildbienen-Nest an einer Akazie beschädigt und daraufhin einen äußerst schmerzhaften Zusammenstoß mit dem wütenden Bienenschwarm hatte. Die Zoologin Lucy King erzählt: »Die Bienen flogen ihm ins Gesicht und offenbar auch in seinen Rüssel, so dass er durchdrehte, schrie und laut trompetete.« Es gibt Berichte, in denen ganze Elefantenherden vor Bienenschwärmen Reißaus nahmen (siehe »Current Biology«, Bd. 17, S. 832).

Dr. Lucy King, die für die Elefantenschutzorganisation »Save the Elephants« in Nairobi arbeitet, untersuchte für ihre Doktorarbeit, ob sich dieses Wissen um den Respekt der Elefanten vor Bienen dazu nutzen ließe, Konflikte zwischen Menschen und Elefanten, die oftmals deren Ernte zertrampelten, zu vermindern. Anfangs experimentierte sie mit Audio-Aufnahmen des aufgeregten Summens eines Bienenschwarms. Doch Elefanten sind intelligent und fanden mit der Zeit heraus, dass keine echte Bienen da waren. Deshalb wurde die Idee eines Bienenzauns mit echten Bienenstöcken umgesetzt, der die Elefanten aufgrund ihrer natürlichen Angst vor Bienen abschrecken sollte.
(Für ihre Dissertation mit dem Titel »The interaction between the African elephant (Loxodonta africana africana) and the African honeybee (Apis mellifera scutellata) and its potential application as an elephant deterrent« erhielt Dr. Lucy King den UNEP/CMS Thesis Award 2011.)

Der spezielle Zaun enthielt alle acht bis zehn Meter mit Draht verbundene Bienenstöcke. Wenn ein Elefant den Zaun berührte, gerieten die Bienenstöcke ins Schwanken, so dass die Bienen ärgerlich summten, was die Elefanten schleunigst zum Rückzug bewegte. Sie brachten einen Abstand bis zu hundert Metern zwischen sich und das bedrohliche Geräusch und mieden dann das Gebiet. Auch teilten sie anderen Elefanten die Anwesenheit der Bienen mit, die daraufhin ebenfalls Staub aufwirbelten, den Kopf schüttelten und den Rückzug antraten.

Erste Versuche auf Farmen in Kenia verliefen weitgehend erfolgreich. Innerhalb von zwei Jahren brach nur ein einziger Bulle durch einen solchen Bienenzaun, 13 Elefantengruppen machten jedoch kehrt. Im weiteren Verlauf eines Pilotprojekts verhinderten die Bienenzäune 80 Prozent aller Elefantenübergriffe. Die Verluste der verbleibenden 20 Prozent wurden durch die Erlöse aus der Imkerei aufgefangen.

Die Methode hat nur einen Nachteil. Man braucht sehr viele Bienenstöcke, um große Felder zu schützen, was sehr aufwendig ist. Deswegen machte der Insektenforscher Mark Wright vielversprechende Versuche mit Bienenduft, den sogenannten Alarmpheromonen der Bienen. Das funktioniert, weil Elefanten aus vergangenen Erfahrungen gelernt haben, die Alarmpheromone mit stechenden Bienen zu assoziieren.
(»African bush elephants response to a honeybee alarm pheromone blend«, Mark G. Wright et al.; Current Biology, DOI: 10.1016/j.cub.2018.06.008)

Die Bienenzäune mit echten Bienen bieten den lokalen Bauern allerdings einen weiteren Vorteil: Der Verkauf von Honig und Bienenwachs stellt eine zusätzliche Einkommensquelle für sie dar. Die Bienen bestäuben auch die Pflanzen des Farmlands, was die Ernte vergrößert.

Eigentlich handelt es sich bei den Bienenstöcken um flache Kästen aus unbehandeltem Holz mit einem Bleckdeckel oben drauf. Da sich Bienenschwärme meist mehrfach im Jahr teilen – fünf bis acht Schwärme pro Jahr sind nicht ungewöhnlich – und dann nach neuen Nistmöglichkeiten suchen, lassen sie sich durch das in der Kiste aufgebrachte Wachs, das kilometerweit zu riechen ist, gut anlocken, um ihre Waben darin zu bauen. Inzwischen schult der WWF Menschen in Tansania in der Bienenzucht und wie sie die Kisten – aus nachhaltig gewonnenem Holz – selbst bauen können. Erfreulicherweise hat sich inzwischen die einzigartige umweltfreundliche Methode von Dr. Lucy King zum Bau von Bienenzäunen an Farmgrenzen in viele Länder in Afrika und Asien ausgebreitet.

Zum Schluss noch eine interessante Einzelheit zu den von den Bienen gesammelten Blütenpollen, die eine eiweißreiche Grundlage für die Bruternährung bilden: Je nach besuchten Blüten unterscheiden sich die Pollen in ihrem Aussehen. Die meisten Blütenpflanzen produzieren gelbe Pollen. Doch das Farbspektrum der Blütenpollen reicht von schwarzen (Mohn), wie im obigen Foto einer Westlichen Honigbiene (Apis mellifera) gut zu sehen ist, über braune (Klee), rote (Roßkastanie), orange (Löwenzahn, Kamille), bläuliche (Phacelia, Distel) bis weiße Pollen (Springkraut).

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