Buchvorstellung – »Der Elefantenflüsterer«

Cover fürs Buch »Der Elefantenflüsterer«

Alles begann 1999. »Aus der Ferne klang der krachende Gewehrschuss wie das Bersten eines riesigen Stücks Feuerholz. Ich sprang von meinem Stuhl auf und lauschte. Ein solches Geräusch versetzt jeden Wildhüter unwillkürlich in höchste Alarmbereitschaft. Dann folgte eine Salve … tack-tack-tack. Ein schreiender Vogelschwarm erhob sich als Silhouette gegen den blutroten Sonnenuntergang. Wilderer. An der Westgrenze.«

Wilderei – nur eines der vielen ernsten Probleme, mit denen sich der engagierte Naturschützer Lawrence Anthony herumschlagen muss. Als er am nächsten Tag gefragt wird, ob er eine Herde verhaltensauffälliger, wilder Elefanten in sein Wildtierreservat Thula Thula in Südafrika aufnehmen würde, drängt sich ihm sofort die Frage auf, ob die Aussicht auf Elfenbein nicht einen zusätzlichen Anreiz für Wilderer bedeuten würde. Doch als er hört, dass man die ganze Herde erschießen wird, wenn er sie nicht nimmt, sagt er trotz aller Bedenken, was da an zusätzlichem Stress auf ihn zukommen wird: »Zum Teufel, ja, ich nehme sie.« Es werden die ersten wild lebenden Elefanten, die nach über einem Jahrhundert wieder in dieser Gegend angesiedelt werden.

In Windeseile werden nicht nur 20 Meilen Großwildzaun repariert und unter Strom gesetzt, sondern auch eine elefantensichere Boma gebaut – ein traditioneller Pferch, in dem die als verhaltensauffällig eingestuften Elefanten zunächst in Quarantäne bleiben sollen. Mit großem persönlichen, ja lebensgefährlichem Einsatz gelingt es Lawrence Anthony die entsetzliche Furcht der Elefantenherde vor den Menschen zu durchbrechen und ihr Vertrauen zu gewinnen – die Voraussetzung dafür, dass sie ihre neue Heimat akzeptieren und – die Grundlage für eine spätere Freundschaft zwischen Mensch und Elefant.

»Du glaubst nicht, was geschehen ist«, erzählt er seiner Frau, Françoise Malby-Anthony, immer noch von Ehrfurcht ergriffen. »Nana, die neue Leitkuh, hat ihren Rüssel durch den Zaun gestreckt und meine Hand berührt!« Seine Frau bekommt vor Schreck große Augen. Die Leitkuh hätte ihren Rüssel auch um seinen Leib schlingen und ihn durch den Zaun reißen können. »Woher hast du gewusst, dass sie dir nichts tun würde?« – »Weißt du, wie das ist, wenn du jemandes Stimmung spüren kannst, ohne dass ein Wort gefallen wäre? Genau so war das. Sie ist nicht mehr wütend und sie hat keine Angst. Tatsächlich glaube ich, sie hat mir gesagt, dass sie bereit sind, ihr neues Zuhause zu erkunden.«

Der Bestseller »Der Elefantenflüsterer: Mein Leben mit den sanften Riesen und was sie mir beibrachten«, mvg Verlag, München 2014, ist das beste Elefantenbuch, das ich je gelesen habe. Die fast unglaublichen Erlebnisse dieses südafrikanischen Naturschützers mit wilden Elefanten haben mich und auch meinen Mann ganz und gar begeistert. Lawrence Anthony erzählt auf 448 Seiten sehr spannend, aber auch in sehr berührender Weise, wie es trotz der großen Herausforderungen, die es zu überwinden galt, zu einer tiefen Freundschaft zwischen ihm und einer Elefantenherde gekommen ist.

Er schreibt: »Meine Herde hat mir mir bewiesen, dass es in der Welt der Elefanten Werte wie Verständnis und Großzügigkeit gibt; dass diese Dickhäuter gefühlvolle, fürsorgliche und außerordentlich intelligente Wesen sind; und dass sie gute Beziehungen zu uns Menschen durchaus zu schätzen wissen. Sie haben mich gelehrt, dass alle Lebensformen dieser Welt aufeinander angewiesen sind, wenn wir überleben und glücklich werden wollen.« Wie wahr!

Lawrence Anthony beginnt seine Autobiografie mit einer Widmung an seine Frau: »Meiner wunderbaren, liebevollen Françoise, die mich so sein lässt, wie ich bin«. Dies sagt meiner Ansicht nach in wenigen Worten schon alles über die glückliche Ehe der beiden aus.

Danach erläutert er in einem Prolog: »Der Titel dieses Buches bezieht sich übrigens nicht auf mich, denn ich behaupte keineswegs, über irgendwelche besonderen Fähigkeiten zu verfügen. Es waren vielmehr die Elefanten, die zu mir flüsterten und mich dadurch das Zuhören lehrten. […] In unseren lauten, hektischen Städten sind viele Dinge verloren gegangen, die unsere Vorfahren noch intuitiv wussten: dass die Wildnis lebendig ist, dass ihr Flüstern für alle Lebewesen hörbar ist – und dass alle darauf antworten können. Und wir müssen begreifen, dass es Dinge gibt, die wir mit unserem Verstand alleine nicht erfassen können. Elefanten beispielsweise verfügen über Eigenschaften und Fähigkeiten, die sich mit wissenschaftlichen Methoden nicht einmal annähernd erklären lassen.«

Das Lesen dieses Buches ist ein Abenteuer, das ins urtümliche Afrika entführt, das Wahrnehmen im Busch hautnah vor Augen führt, Heureka-Momente erleben, aber auch weinen lässt, wenn ein kleines Elefantenbaby namens Thula allen zeigt, dass »das Leben trotz Schmerzen und Krankheit lebenswert sein kann, bedeutungsvoll trotz seiner Kürze. Und dass das Leben nur für den Augenblick gelebt werden sollte.« Dieses Lebensgefühl verspürt Lawrence Anthony und eine tiefe Dankbarkeit für die Freundschaft mit den Elefanten, deren freudiges Posaunen für ihn Buschmusik ist. Es passt zu dem Motto, das er für sein Wildtierreservats gewählt hat: Man muss das Leben genießen. Ihr seht schon, dieser Autor traf voll unsere Wellenlänge. Rüssel hoch!

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