Welttanztag – 29. April 2021

Jean-Georges Noverre, gemeinfreies Foto;
Barthélémy Joseph Fulcran Roger, Public domain, via Wikimedia Commons

Der Welttanztag wurde zum ersten Mal 1982 ausgerufen, um den Tanz als universelle Sprache in der Welt zu würdigen. Dass sogar Elefanten tanzen, habe ich schon erzählt … 😉

Das Datum des Welttag des Tanzens geht zurück auf den französischen Tänzer und Choreografen Jean-Georges Noverre, geboren in Paris am 29. April 1727. Liebe Baden-Württemberger, jetzt bloß nicht aufhören zu lesen, weiter unten kommt noch etwas von meinem geliebten heimatlichen Schloss Solitude.

Die französischen Zeilen, die unter dem obigen Porträt von Jean-Georges Noverre stehen, fassen schön zusammen, was er in seinem Leben bewirkt hat:

Du feu de son génie il anima la Danse:
Aux beaux jours de la Grèce il sut la rappeler;
Et recouvrant par lui leur antique éloquence
Les Gestes et les Pas aprirent à parler.

Mit dem Feuer seines Genies belebte er den Tanz:
An die schönen Tage in Griechenland wusste er zu erinnern;
Und durch ihn wurde die Eloquenz der Antike wiedererlangt,
indem Gesten und Schritte wieder lernten, zu uns zu sprechen.
(Übersetzung aus dem Französischen von Iris Sofie Bayer)

Jean-Georges Noverre, der große Reformer des Balletttanzes, war gegen die Reifröcke, Perücken und Prachtentfaltung des höfischen Ballets. Seiner Ansicht nach sollte Tanzen eher natürlich als technisch und virtuos sein. Demgemäß setzte er sich für mehr Natürlichkeit und Humanismus im Tanz ein. Er wandte sich gegen das Tragen von Masken, weil sie »die Affekte der Seele ersticken«. Auch warb er für realitätsbezogene Kostüme, die mehr dem künstlerischen Thema entsprechen und den Tänzern größere Bewegungsfreiheit erlauben sollten.

Er war ein Verfechter der dramatischen Handlungsballette, die seine Zuschauer durch ausdrucksstarke Pantomime bewegen sollten, wie sie auch heute noch in großen Oper- und Theaterhäusern inszeniert werden. Er war davon überzeugt, dass im Ballett ein dramatisches Geschehen dargeboten werden muss. Es müssten Leidenschaften gezeigt und erzeugt werden und der Tanz nicht in Divertissements (belanglosen Tanzszenen) verflachen.

Selbst begeisterte Hobbytänzerin gebe ich in freien Worten im Folgenden wieder, was ich in dem englischsprachigen Werk A Dictionary of Music and Musicians edited by George Grove über den großen Ballettmeister und Reformer der französischen Tanzkunst, Jean-Georges Noverre, gefunden habe, der in seinem ganzen Leben so stark dafür plädiert hat, den ganzen Körper als tänzerisches Ausdrucksmittel, als universelle Sprache der Gefühle, einzusetzen.

Gustave Chouquet berichtet, dass Noverres Vater, der früher unter Karl XII. gedient hatte, eine Karriere in der Armee für seinen Sohn im Sinne hatte, seine Liebe zum Tanz und Theater jedoch unbesiegbar waren. Das kann ich als begeisterte Hobbytänzerin gut nachvollziehen.

Als Jugendlicher hatte er offenbar eine unbeachteten ersten Auftritt als Tänzer in Fontainebleau am Hofe von Ludwig XV., was ihn jedoch nicht daran hinderte, seinen beruflichen Weg zum Ballettmeister weiterhin ausdauernd zu verfolgen, eine Eigenschaft die erfolgreiche Menschen auszeichnet.

Von 1744 bis 1747 war er Figurant an der von Friedrich dem Großen errichteten Hofoper in Berlin. Danach folgten Dresden, Straßburg, Lyon und London.

In der Oper Lyon trat er als Solotänzer auf, schrieb drei Ballette und veröffentlichte seine Lettres sur la Danse et les Ballets (Briefe über die Tanzkunst), die zu den bedeutendsten theoretischen Schriften über das Ballett gehören.

Von 1760 bis 1767 arbeitete Noverre in Ludwigsburg für Carl Eugen von Württemberg. Zusammen mit seiner Frau, einer Schauspielerin, kam er für eine ansehnliche Gage von 5.000 Gulden im Jahr nach Württemberg. Für den Herzog komponierte er etwa zwanzig Divertissements und Ballettpantomimen. Das württembergische Hoftheater in Stuttgart, an dessen Standort sich auch die heutigen Theatergebäude befinden, erhielt durch Noverre einen exzellenten Ruf. Eine dort in meiner Jugendzeit besuchte Aufführung des weltberühmten Tschaikowski-Balletts »Schwanensee« wird mir unvergesslich bleiben.

Auf den Seiten der heutigen Akademie von Schloss Solitude, »einer internationalen und transdisziplinären Künstler*innenresidenz«, ist zu lesen, »dass die Kunst in ihrem Entstehungsprozess an der Qualität der Kunst gemessen wird, die in der Barockzeit auf Schloss Solitude entstanden ist«, unter anderem an der des namentlich genannten Noverre.

Noverre wurde nach seinem Aufenthalt in Württemberg durch die Kaiserin Maria Theresia als Direktor der Hoffeste und Tanzmeister der kaiserlichen Familie nach Wien berufen, wo er von 1767 bis 1774 ein Dutzend Ballette für das Hoftheater komponierte.

Nach seiner Rückkehr nach Paris im Jahr 1775 erhielt Noverre durch seine ehemalige Schülerin Marie Antoinette, die jetzt Königin von Frankreich war, den lang ersehnten Posten des Ballettmeisters (Maître des ballets en chef) an der Opéra National de Paris. Seine erfolgreiche Karriere endete damit, dass er während der Französischen Revolution seine Ersparnisse der letzten 50 Jahre verlor, was ihn in eine Armut trieb, die er bis zu seinem Tod im Jahr 1810 mit Würde ertrug.

Für alle kulturell Interessierten, und vor allem für die Künstler/innen bleibt zu hoffen, dass in nicht allzu ferner Zukunft die Opern-, Theater- und Konzerthäuser wieder öffnen können – und auch die Tanzschulen. Wir brennen jedenfalls darauf, unseren Lieblingssport, das Tanzen von Standard- und Lateintänzen wieder unter gleichgesinnten Hobbytänzern ausüben zu können. Einstweilen tanzen wir täglich zu Hause – heute haben wir Samba getanzt, den Tanz der Lebensfreude, ganz nach dem Motto dieses Monats: Rüssel hoch! ist … jeden Tag etwas zu tun, um sich besser zu fühlen.

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