Fotoausflug – Eine Fahrt ins schöne Plaue
»Unter Plaues ewig blauem Himmel«, so schrieb einst Theodor Fontane in einem Brief 1875 und zwei Jahre später in sein Notizbuch: »Eine wundervolle Roman-Szenerie ist Plaue.« Dorthin – in die einstige Fischerstadt, die am Ausfluss der Havel aus dem Plauer See liegt und seit 1952 in die Stadt Brandenburg an der Havel eingemeindet ist – führte uns bei strahlend blauem Himmel ein spontaner Fotoausflug. Das schöne Wetter hatte uns nach draußen gelockt, dem erwachenden Frühling entgegen. Schon die Autofahrt ins Blaue empfanden wir als Befreiung aus Enge und Alltagsmonotonie der eigenen vier Wände.
Zunächst erlagen wir der Faszination Yachthafen. »Ist Yacht überhaupt das richtige Wort?«, fragten wir Landratten, wobei auf mich wohl eher leidenschaftliche Leseratte zuträfe. Wasserratten sind wir jedenfalls beide nicht. Als ich mich ein bisschen auf den leicht schwankenden Steg hinauswagte, wurde mir gleich ein bisschen schwummrig. Anscheinend haben wir diese scherzhaften Arten von Ratten William Shakespeare zu verdanken:
»Doch Schiffe sind nur Bretter, Matrosen nur Menschen: es gibt Landratten und Wasserratten, Wasserdiebe und Landdiebe, ich meine Piraten, und dann ist da noch die Gefahr der Gewässer, Winde und Felsen.« (William Shakespeare im Theaterstück »Der Kaufmann von Venedig«, 1. Akt, 3. Szene)
Doch zurück zu den Booten oder doch Yachten? Entscheidend ist wohl nicht nur, dass ein Deck mit Kajüte und ein mit Ballast versehener Kiel vorhanden ist, sondern die Größe. Eine Yacht ist kleiner als ein Schiff, jedoch größer als ein Boot – also von 6 bis 12 Meter Boot, bis 24 Meter Yacht, darüber Schiff? Das ist auch wieder nur eine grobe Richtlinie, denn die Ausstattung bzw. der Wert des Bootes/der Yacht zählt ebenfalls.
Die größte Privatyacht ist die Azzam mit einer Länge von etwa 180 Metern – das sind Kreuzfahrt-Maße! Der Kaufpreis dieser Megayacht lag bei 600 Millionen Euro. Eigentümer ist Scheich Chalifa bin Zayid Al Nahyan, Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate. Eine Yacht dieser Größe war natürlich in Plaue nicht zu sehen oder zu kaufen, doch wir sammelten ein paar schöne Hafeneindrücke.
Wir durften miterleben, wie eine Motoryacht zu Wasser gelassen wurde.
Ganz ins Blaue hinein suchten wir nach unserem Rundgang im Yachthafen einen Eingang zum Schlosspark Plaue. Einer Anzeigetafel konnten wir entnehmen, dass es sich bei dem Eingang, den wir gefunden hatten, um den Eingang Seegartenbrücke handelte. Die Seegartenbrücke führt in Verlängerung der Koenigsmarckstraße von Plaue zur Halbinsel Kirchmöser und verläuft genau zwischen Wendsee und Plauer See. Graf von Koenigsmarck protestierte damals heftig gegen die Zerteilung des Schlossparks Plaue durch Brücken- und Straßenbau zugunsten der Erschließung des Pulverwerks Kirchmöser. Er forderte mehr Rücksicht auf die märkische Landschaft.
Wir waren überrascht auf einen weitläufigen Landschaftspark zu treffen, welcher sich etwa einen Kilometer am Ufer der Havel entlangzog und immer wieder schöne Ausblicke auf den Plauer See bot. Die Bäume warfen lange Schatten auf unseren Wanderweg.
Auch andere Schatten tummelten sich am Rande unseres Weges. Also ich erkannte da sofort – von links nach rechts – drei Gestalten: einen auf der Bank sitzenden Wanderer, einen kleinen weißen Hund und einen Rüssel-hoch-Elefanten. Wer hatte die Schatten dahin gezaubert?
Ach so, das war die Künstlerin Jeannette Goldmann. Die großen Löcher in den Kunstwerken sind auch erklärbar, denn im Hintergrund befindet sich der weltweit älteste erhaltene und um 1900 von Graf Hans von Koenigsmarck errichtete Tontaubenschießstand. Da hat er wohl ein bisschen daneben geschossen 😉 … Die zwei großen Tierfiguren sollen an Jagdtrophäen des Grafen im Himalaya erinnern – wer’s glaubt 😉 …
Frühjahrsblüher und sogar ein farbenfroher Schmetterling erfreuten mein Fotografenherz.
Auf einmal stießen wir auf unseren altbekannten Wanderfreund Theodor Fontane. Jährlich besuchte er in Plaue einen Freund – den Gutsbesitzer Carl Ferdinand Wiesike, den er als »Einsiedler in diesem Sanssouci« bezeichnete. Unter »Plaues ewig blauem Himmel« führten sie bei »altem Rheinwein« Gespräche über drei Dinge, denen sich sein Freund widmete: »der Schöpfung eines Parks, der Homöopathie Hahnemanns und der Philosophie Schopenhauers«.
(Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Fünf Schlösser, Plaue an der Havel, Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 13, München 1959–1975, S. 121-136.)
Auch Fontane hat sich Schloss Plaue angesehen und kam zu dem Schluss:
»Fünf Schlösser! Fünf Herrensitze wäre vielleicht die richtigere Bezeichnung gewesen, […] Nur Plaue war wohl wirklich ein Schloß.« (Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 13, München 1959–1975, Vorwort zu Fünf Schlösser, S. 5-7.
Wir fanden das dreiflügelige Barockensemble aus dem frühen 18. Jahrhundert in verfallenem Zustand vor.
Die Zeit der Partys ist längst vorbei und es wird dauern, bis das Schloss saniert ist. Es soll langfristig für betreutes Wohnen im Alter umgebaut werden.
Auf dem Rückweg kamen wir an einer Backsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert vorbei und bewunderten das Engeltor, das den direkten Zugang vom damals privaten Schlosspark zum gräflichen Teil des Friedhofs ermöglichte.
Die zwei betenden Engelsfiguren wurden 1835 im Auftrag der Schlossherrin Freifrau Charlotte von Lauer-Münchhofen vom Bildhauer A. Möller aus Sandstein gearbeitet. Der Sandsteinkünstler hat ihre andächtige Haltung und inbrünstige Gebetshaltung auf beeindruckende Weise dargestellt. Unwillkürlich begannen wir als Betrachter über Tod und Leben nachzusinnen. Ein wenig innere Einkehr und Meditation – immer ein willkommenes Geschenk für die Seele.
Von der Pfarrkirche aus zieht sich eine alte Pfarrgartenmauer in den Park hinein. Es ist ein Rest der Begrenzungsmauer des Schlossgartens aus der Frühphase des Landschaftsparks um Mitte des 19. Jahrhunderts. Um den Friedhof herum sprießt das frische Grün, aus der alten Mauer wächst das neue Leben – der immerwährende Kreislauf der Natur.
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