Buchvorstellung – »Deine Gefühle wiegen mehr als du denkst«
Julia Sahm ist Life Coach, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Autorin, Podcasterin und Entwicklerin des Coaching-Programms Lifestyle Schlank, mit dem sie bereits Tausenden von Menschen geholfen hat, ein liebevolleres und entspannteres Verhältnis zu ihrem Körper, ihrem Essverhalten und vor allem zu sich selbst aufzubauen. Ihr Programm setzt am Kern von Übergewicht an, anstatt mit Diäten immer nur dessen Symptome zu bekämpfen. Das wird auch vermittelt in ihrem 252-seitigen Selbstcoaching-Buch Deine Gefühle wiegen mehr als du denkst: Befreie dich von emotionalem Essen und lebe mit Leichtigkeit, Stiebner Verlag, München 2022.
Auf Verstandesebene haben wir es ja begriffen, dass es wichtiger ist, seine Essgewohnheiten dauerhaft zu verändern, als durch irgendeine eine Diät nur die Zahl auf der Waage zu verändern. Doch wie lässt sich das »gewohnte Ich« verändern, das uns zwangsläufig über unsere Gedanken, Gefühle und dadurch ausgelösten Verhaltensweisen immer wieder an den Ausgangspunkt zurückführt?
Teil 1: Verstehen – Wer du bist
Zunächst hilft die Autorin zu verstehen, dass ein innerer Identitätskonflikt das größte Hindernis für positive Veränderungen ist. Das kann so aussehen, dass wir auf Gefühlsebene die Überzeugung haben, Essen zu brauchen, um das Leben genießen zu können, sodass wir große Disziplin auf Verstandesebene aufbringen müssen, um auf Essen zu verzichten, denn schließlich verwehren wir uns etwas, von dem wir innerlich überzeugt sind, es zu brauchen:
»Wenn Essen dein Lebensthema ist, dann fällt es dir zum einen so schwer, darauf zu verzichten, weil es für dich eine Zusatzfunktion übernommen hat und zum anderen, weil du dich mit deinem Essverhalten identifizierst. Mit Zusatzfunktion meine ich, dass das Essen dir nicht nur gut schmeckt, sondern dir auch hilft, zu entspannen, dich tröstet, dich ablenkt, eine Leere füllt oder dich belohnt. Es hat sich unbewusst zu einer Strategie entwickelt, mit deinen Gefühlen umzugehen.«
Wir alle tragen von Geburt an eine Strategie der Bequemlichkeit und der Risikovermeidung in uns. Wenn wir also etwas in unserem Leben verändern wollen, fragt sich unser Gehirn sofort und zuallererst, ob das, was wir vorhaben, gefährlich ist, und ob es anstrengend wird. Lautet die Antwort Ja, hält unser Gehirn eine Veränderung für unnötig, weil es viel Energie kostet, und unser Gehirn gelernt hat, dass wir mit unseren bisherigen Essgewohnheiten wunderbar überleben können.
Starten wir jetzt auf Verstandesebene trotzdem damit, unsere Essgewohnheiten zu verändern, ist das laut Autorin für unseren Körper wie eine Drogenentzug, der mit einem unwohlen Gefühl verbunden ist. Jetzt kommt es auf unsere Bereitschaft an, dieses Unwohlsein für einige Zeit auszuhalten. Unser Körper möchte nämlich seinen gewohnten Biochemiecocktail haben. Diesen Vergleich, von denen die Autorin zur besseren Anschauung sehr viele eingestreut hat, finde ich besonders gelungen.
Einleuchtend ist auch, dass sich unser Essverhalten, das wir wegen seiner Uneingeschränktheit als Freiheit empfinden, sich Jahre später aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf unsere Gesundheit oder unser Selbstbewusstsein als größte Einschränkung überhaupt entpuppen kann. Die Sorge um unsere Gesundheit könnte unsere Ängste steigern, was dazu führen könnte, dass wir noch mehr essen und damit immer tiefer in einen Teufelskreis geraten. Sie nennt es einen »autokatalytischen Prozess, der sich aus sich selbst speist«.
Teil 2: Erkennen – Wer du bist
Dieser praktische Übungsteil hilft durch Selbstreflexionsfragen herauszufinden, wo der eigene Identifikationskonflikt liegt. Denn ziel- und planorientierte Gewohnheiten allein reichen langfristig nicht aus, wenn wir viele innere Überzeugungen haben, die im Widerspruch zu einem neuen Essverhalten stehen. Ein erster Schritt könnte darin bestehen, in sich hineinzuspüren, wenn wir das nächste Mal Hunger verspüren, obwohl wir eigentlich gerade satt sein müssten, um herauszufinden, ob wir gerade mit Essen ein bestimmtes Gefühl verdrängen, vermeiden oder betäuben möchten.
Teil 3: Trainieren – Wer du sein möchtest
Die Autorin stellt in diesem Teil nicht nur vor, welche Möglichkeiten es gibt, durch tägliche Wiederholung – ein Training unseres neuen mentalen und emotionalen Seinzustands – unseren Körper an einen neuen Cocktail zu gewöhnen, sondern liefert zum Buch auch hilfreiche Audiomentalübungen zum Download. Es hat mir sehr gefallen, wie sie den Vergleich mit dem Barkeeper nochmals aufgegriffen hat:
»Das kannst du dir vereinfacht so vorstellen, als wäre dein Gehirn der Barkeeper deines Körpers. Dieser Barkeeper nutzt deine Gedanken als Zutaten für Chemiecocktails, die er an deinen Körper ausschenkt. Dein Körper ist Stammgast in dieser Bar und trinkt seit Jahren den gleichen Cocktail. Solange er diesen bekommt, ist er zufrieden und belohnt den Barkeeper, indem er ihm ein zufriedenes Gefühl zurücksendet …«
Das Buch motiviert, es wie ein Barkeeper zu versuchen, den eigenen Körper auf einen neuen Geschmack zu bringen. Das bedeutet, ihm eine neue Ess- oder Bewegungsgewohnheit so lange anzubieten und auch bei Rückschlägen nicht aufzugeben, bis sie in Fleisch und Blut übergegangen ist, also zur automatisierten Gewohnheit geworden ist.
Im Grunde hat dieser Ratgeber die Empfehlungen der Positiven Psychologie in meiner Elefantenstrategie heruntergebrochen auf ein einziges Thema, nämlich emotionales Essverhalten. Ich stimme der Autorin voll und ganz zu, dass es nicht reicht, sich Ziele zu setzen und Esspläne zu befolgen, sondern dass vor allem unser innerer Elefant von unserer neuen Identität überzeugt werden muss, beispielsweise dass wir sehr wohl abnehmen und anschließend schlank bleiben können:
»Etwas ist so lange un-glaublich, bis wir anfangen, daran zu glauben und uns selbst die Möglichkeit geben, uns vom Gegenteil zu überzeugen.«
Bei meinem inneren Elefanten ist da noch megaviel Überzeugungsarbeit zu leisten!
Wenn euch der Beitrag gefallen hat, würden wir uns über einen Kommentar von euch sehr freuen. Ihr könnt euch gern zu unserem monatlichen Newsletter anmelden.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!