Elefantöses – Können Elefanten rechnen?

Wenn du zum Jahreswechsel auch gerade eine Inventur gemacht hast, weißt du, wie schnell man sich bei der Bestandsaufnahme verzählen kann. Übrigens, auch Zoos zählen einmal jährlich ihre Tiere. Die Elefanten sind auf jeden Fall schneller durchgezählt als unser Lagerbestand an Büchern, doch bei kleineren Tierarten wird teilweise nur geschätzt bzw. hochgerechnet.

Futtermenge einschätzen
Elefanten gelten als intelligent, weil sie kreative Lösungen für Probleme finden, indem sie beispielsweise Werkzeug nutzen oder als Team zusammenarbeiten. Auch haben sie ein ausgezeichnetes Gedächtnis – sowohl bezüglich ihres Lebensraumes als auch hinsichtlich der Wiedererkennung von Lauten und Gerüchen. Allein anhand des Geruchs können Asiatische Elefanten eine größere von einer kleineren Nahrungsmenge unterscheiden.

Für eine Studie stellten Forscher zwei undurchsichtige, verschlossene Eimer mit elf verschiedenen Mengen an Sonnenblumenkernen vor sechs Asiatische Elefanten. Die Tiere konnten nicht sehen, wie viele der beliebten Leckereien jeder Eimer enthielt. Doch sie wählten in etwa 80 Prozent der Fälle den Eimer mit der größeren Menge an Futter, was bedeutet, dass sie den Inhalt offenbar durch die kleinen Löcher in den Deckeln riechen konnten.
Joshua M. Plotnik et al.: Elephants have a nose for quantity. In: PNAS. Online-Veröffentlichung vom 3. Juni 2019, doi:10.1073/pnas.1818284116

Andere Forschungen zeigten, dass selbst Hunde bei diesem Test versagten. Dass Elefanten den besten Riecher haben, was die Einschätzung der Futtermenge angeht, verdanken sie der hohen Anzahl von Genen, die mit der Geruchsempfindung verbunden sind: etwa 2.000 bei Elefanten im Vergleich zu etwa 800 bei Hunden und ca. 350 bei Menschen.

Ashya – einfache Additionsaufgaben
Die japanische Verhaltensforscherin Naoko Irie von der Universität Tokio konnte kaum glauben, dass die Elefantenkuh Ashya ihre Lieblingsfrüchte zusammenzählen konnte. In einen Eimer wurden drei Äpfel gelegt und in einen anderen Eimer fünf Äpfel. Danach ließ die Forscherin in jeden Eimer nochmals zwei Äpfel fallen. Die Asiatische Elefantenkuh wählte in fünf von sechs Fällen den Eimer mit den meisten Äpfeln, obwohl sie den Inhalt weder sehen noch ertasten konnte. Besonders beeindruckend war, dass alle vier der getesteten Elefanten fast gleich gut zwischen fünf und sechs Äpfeln sowie zwischen fünf und einem Apfel unterscheiden konnten.
Naoko Irie-Sugimoto et al.: Relative quantity judgment by Asian elephants (Elephas maximus). In: Animal cognition. 2009 Jan;12(1):193-9. doi: 10.1007/s10071-008-0185-9. Epub 2008 Aug 20.

Warum erzielen Elefanten auch bei größeren Mengen und geringeren Unterschieden so gute Rechenergebnisse? Eine Erklärung könnte gemäß der Elefantenexpertin Mya Thompson von der Cornell-Universität in Ithaca sein, dass Asiatische Elefanten in kleinen Gruppen von sechs bis acht Tieren leben und sie deshalb darin geübt seien, spontan festzustellen, ob ihre kleine Herde vollständig ist oder nicht.

Wie Elefanten beim Zählen genau vorgehen, wissen die Forscher noch nicht. Es wird vermutet, dass der Zahlensinn der Elefanten teilweise den Mechanismen entspricht, mit denen auch Menschen Zahlen erkennen: Mengen bis vier werden auf einen Blick erfasst, ohne einzeln zählen zu müssen. Bei größeren Mengen werden entweder die Unterschiede grob abgeschätzt oder es wird genauer hingeschaut und abgezählt. Weitere Studien sollen zeigen, ob die Elefanten einen ganz eigenen Mechanismus entwickelt haben, um Mengen möglichst genau abzuschätzen.

Authai – Rechnen mit Rüssel am Bildschirm
Erstaunlich fand ich, dass die Asiatische Elefantenkuh Authai aus dem japanischen Ueno-Zoo es lernte, Aufgaben an einem Bildschirm mit Touch-Funktion zu lösen. Die Rechenkünstlerin am Bildschirm bekam jeweils zwei Bilder mit 0 bis 10 leckeren Früchten gezeigt. Als besondere Schwierigkeit waren die Bananen, Äpfel oder Melonen in unterschiedlichen Größen dargestellt, sodass die Menge nicht anhand der ausgefüllten Fläche verglichen werden konnte. Natürlich bekam sie jedes Mal eine köstliche Belohnung, wenn sie mit ihrer Rüsselspitze die größere Futtermenge auf dem Touchscreen richtig anzeigte. Trefferquote: 66,8 Prozent.

Authai hatte keine Mühe, größere Mengen zu unterscheiden. Das ging bei ihr genauso schnell wie bei kleineren Mengen. Die meisten Tiere, auch Affen, schaffen das ab vier oder fünf Objekten nicht mehr. Auch Menschen brauchen bei größeren Mengen länger als Elefanten.
Naoko Irie et al.: Unique numerical competence of Asian elephants on the relative numerosity judgment task. In: Journal of Ethology 37(7), October 2018, doi: 10.1007/s10164-018-0563-y

Citta – das große Rechengenie
Auf dem Elefantenhof Platschow lebt ein ehemalige Zirkuselefantin namens Citta, die super Fußball spielt und exzellent im Zahlenraum von 0 bis 20 rechnen kann. Mit ihrem Rüssel hält sie einen kleinen Schlegel, mit dem sie das Ergebnis der Rechenaufgaben, die vom Publikum gestellt werden, auf einen Tisch trommelt. Das Ergebnis stimmt immer, egal ob sie addieren, subtrahieren oder multiplizieren muss. Das macht ihr und dem Publikum so richtig Spaß, auch wenn es sich natürlich nur um eine Dressurübung handelt. Immerhin, die verborgene Kommunikation des rechnenden Menschen mit der Asiatischen Elefantenkuh klappt vorzüglich. 😉

Entscheidend ist, dass ihnen die Intelligenz hilft, zu überleben
Natürlich sind die numerischen Fähigkeiten der Elefanten ein klares Zeichen für ihre hohe Intelligenz. Dennoch betont die Verhaltensforscherin Marion East vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW): »Man muss sich klarmachen, dass das, was wir als Intelligenz bezeichnen, auf unsere Erfahrungswelt zugeschnitten ist. Elefanten nehmen die Welt aber auf eine völlig andere Art und Weise wahr als wir und in ihrer Welt werden auch völlig andere Fähigkeiten benötigt als in unserer.« Deswegen findet sie es nicht so entscheidend, ob Elefanten im Vergleich mit anderen Tieren Rechengenies sind oder nicht: »Wichtig ist doch, dass sie in ihrer Welt überleben können. Und darin sind sie sehr gut.«

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