Buchvorstellung – »Außergewöhnlich NORMAL«

Cover fürs Buch »Außergewöhnlich NORMAL«

Es gibt Menschen, die über enorme Fähigkeiten verfügen, jedoch an ihrer Besonderheit leiden. Für diese Menschen und für die, die sie besser verstehen wollen, wurde das 288-seitige Sachbuch Außergewöhnlich NORMAL – Hochbegabt, hochsensitiv, hochsensibel: Wie Sie Ihr Potential erkennen und entfalten, Ariston Verlag, München 2013, geschrieben. Die Autorin, Anne Heintze, coacht seit etwa 45 Jahren erfolgreich außergewöhnliche Menschen. Sie unterstützt sie dabei, hinderliche Gefühle und Schmerzpunkte, wie beispielsweise unwillkommene Außenseiter zu sein, aufzulösen. Sie hilft, Kopf- und Bauchstimme in Einklang zu bringen, um authentischer und glücklicher leben zu können.

Wer sich selbst zu den »außergewöhnlich normalen« Menschen zählt, wird sich in den konkreten Fallgeschichten wiedererkennen und verstanden fühlen. Oft erfahren Betroffene erst im Erwachsenenalter von ihrer Hoch- oder Vielbegabung. Insbesondere sie kennen das Gefühl, nicht sie selbst sein zu dürfen und sich ständig anpassen zu müssen – als würden sie wie bunte Zebras aus ihrer Herde herausragen. Dieses Beispiel, das sich auch auf dem Cover ausdrückt, finde ich übrigens nicht so gelungen, denn in der Natur gibt es keine bunten Zebras, wohl aber – wenn auch sehr selten – Zebras mit Punkten, eine genetische Abweichung. Ein Zebra mit Punkten hätte in meinen Augen den Unterschied besser veranschaulicht.

Nicht alle »außergewöhnlich normalen« Menschen haben Probleme mit ihrer Andersartigkeit, doch ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass da eine tiefe Sehnsucht da ist, die eigene Persönlichkeit mehr entfalten zu dürfen und trotz Andersartigkeit glücklich zu werden. Voraussetzung für das persönliche Glück ist gemäß Anne Heintze, dass es gelingt, die eigenen Gaben vorbehaltlos anzunehmen, ins persönliche Leben zu integrieren sowie die Umwelt daran teilhaben zu lassen. Das bedeutet, die eigene Besonderheit nicht als einen Nachteil zu empfinden, sondern als eine persönliche Stärke.

Die Verhältnis zwischen der Anzahl der Zebras mit Punkten und denen mit Streifen fällt in Prozenten auf jeden Fall deutlich geringer aus als das Verhältnis von »außergewöhnlichen« und »normalen« Menschen. Nach Schätzungen sind etwa zehn Prozent aller Menschen hochsensibel, etwa weitere zehn Prozent sind hochsensitiv und ebenso viele vermutlich überdurchschnittlich und multipel begabt.

Hochsensibilität
Viele Hochsensible sind Künstler. Bei hochsensiblen Menschen sind die Sinne feiner ausgeprägt als bei anderen. Sie sehen, hören, schmecken, riechen und fühlen differenzierter, nehmen also viel mehr wahr, auch im Zwischenmenschlichen: zum Beispiel die Gefühle von anderen, Harmonie oder Disharmonie im Raum, Energieflüsse, die Ausstrahlung von Menschen – und noch vieles mehr. Das Gehirn Hochsensibler kann nicht anders, als viel feinere und bedeutend mehr Sinnesinformationen wahrzunehmen und zu interpretieren, was leicht zu einer Reizüberflutung führen kann. Deshalb ist es für hochsensible Menschen besonders wichtig, sich genügend Ruhephasen zu gönnen.

Hochsensitivität
Das war für mich bisher ein anderer Begriff für Hochsensibiltät. Anne Heintze hat die Erfahrung gemacht, dass Hochsensitive meist nicht über die Schärfung der fünf physischen Sinne und die Empfindsamkeit der Hochsensiblen verfügen, obwohl es auch Mischtypen gibt. Hochsensitive haben einen »sechsten« Sinn, also das, was man »hellsichtig«, »hellfühlig« oder »hellsinnig« nennt, sind dazu extrem empathisch, manchmal regelrecht medial mit Vorahnungen, Visionen oder anderen nicht-alltäglichen Wahrnehmungen. Auch ein »siebter« Sinn wird ihnen besonders zugeschrieben, der durch eine außergewöhnliche Intuition zum Ausdruck kommt.

Hochbegabte
Als hochbegabt gilt, bei wem ein Intelligenzquotient (IQ) von mindestens 130 gemessen wird. Für Anne Heintze sind Hochbegabungen besondere Gehirnleistungen, die sich nicht nur auf intellektuelle Fähigkeiten beschränken, sondern auch in vielen anderen Bereichen zu finden sind, zum Beispiel als EQ (Emotionaler Quotient) im Bereich der Gefühlswelt. Zudem eignet sich oft besser der Begriff »vielbegabt«. Dazu gehören auch Sonderformen wie die Scanner-Persönlichkeit, High Sensation Seeker (HSS) und weitere. 

Der im Buch zitierte Psychologe Howard Gardner plädierte dafür, sich von der Vorstellung einer einheitlichen Intelligenz zu verabschieden und nannte folgende Intelligenzformen:

  • sprachliche oder linguistische Intelligenz
  • musikalische Intelligenz
  • logisch-mathematische Intelligenz
  • räumlich-bildliche Intelligenz
  • körperlich-kinästhetische Intelligenz
  • intrapersonale Intelligenz
  • interpersonale Intelligenz
  • naturalistische Intelligenz
  • existenzielle Intelligenz

Gardner gab offen zu, dass seine im Jahr 1983 beschriebene Liste multipler Intelligenzen unvollständig sei. In den folgenden Jahren tauchten weitere Begriffe für Intelligenz- und Begabungsformen auf:

  • emotionale Intelligenz
  • soziale Intelligenz
  • spirituelle Intelligenz
  • physische Intelligenz
  • praktische Intelligenz
  • kreative Intelligenz
  • vitale Intelligenz
  • kristalline und fluide Intelligenz

Hochbegabung und Hochintelligenz lassen sich also in sehr vielen Facetten beschreiben. Für Anne Heintze sind Hochsensibilität und Hochsensitivität Formen von Hochbegabung, da sie sich beliebig zu den oben genannten Intelligenzformen zuordnen lassen. Daher kommt vielleicht die Coveridee mit dem bunten Zebra.

Den komplexen inneren Reichtum »außergewöhnlicher« Menschen können sich »normale« Menschen höchstwahrscheinlich nicht vorstellen, denn nur das, was man selbst in ähnlicher Weise erfahren hat, ist zumindest bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Bei den nachfolgenden Zitaten von Menschen mit besonderen Begabungen kannst du dir überlegen, ob du die Empfindungen nachvollziehen kannst:

»… Ebenso habe ich aufgehört, wie die anderen sein zu wollen. Das war wahrscheinlich die wichtigste Neuigkeit für mich: Ich werde niemals wie ein Durchschnittsmensch leben. Ich brauche mehr Herausforderung, mehr Intensität, mehr Abwechslung. Ich benötige einfach mehr, um mein gesamtes Sein erfüllen zu können …«

»… ich denke schneller als andere, ich denke tiefgründiger und vor allem vernetzt …«

»… Kreativer Ausdruck (zum Beispiel Malen, Schreiben, Fotografieren) ist ein weiteres wichtiges Mittel für mein Wohlbefinden, das mir hilft, die Vielzahl der Eindrücke zu verarbeiten und einen Stau der Reize zu verhindern. Die Hochsensibilität ist gleichsam die Quelle meines kreativen Schaffens …«

» … Das Schönste für mich, HSPler zu sein, ist die Fähigkeit, wahnsinnig tiefe Gefühle zu empfinden. Bei Negativgefühlen ist das natürlich extrem leidvoll, bei positiven Gefühlen aber auch wunderschön, fast euphorisch. Wenn ich beispielsweise nach stundenlanger Wanderung bei strahlendem Wetter auf einem Berggipfel angekommen bin, kann ich ein so tiefes Glücksgefühl empfinden. Ich habe dann das Gefühl, meine Seele sei zu Hause. In diesem Augenblick weiß ich, was Leben bedeutet … wirken meine Gefühle extrem lange nach …«

Ob mir das Buch gefallen hat? Ja, es hat mir geholfen, meine Hochsensibilität noch mehr als Gabe und Geschenk zu begreifen. Besonders gefallen hat mir der kleine Hinweis, dass der Duden das Wort hochsensibel inzwischen nicht mehr mit überempfindlich oder übersensibel erklärt, sondern mit überaus sensibel und überaus empfindsam – eine kleine positive Veränderung in die richtige Richtung, nämlich die Zebras mit den Punkten in der großen Herde der gestreiften Zebras willkommen zu heißen!

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