Fotoausflug – Aschenbrödels Schloss Moritzburg bei Dresden
Alle Jahre wieder lasse ich mich von einem Weihnachtsfilm bezaubern, der als der beste Märchenfilm des 20. Jahrhunderts gilt und auf einem Märchen der Gebrüder Grimm beruht: Es war einmal ein junges, hübsches Mädchen. Als ihre Mutter stirbt und ihr Vater nochmals heiratet, machen ihr die beiden Stiefschwestern und ihre Stiefmutter das Leben so richtig schwer. Wie eine niedere Magd muss sie die ganze Schmutzarbeit im Haus machen und sogar neben dem Herd in der Asche schlafen.
»Drei Haselnüsse für Aschenbrödel« heißt der berühmte Filmklassiker von 1973, der jedes Jahr zur Weihnachtszeit im Fernsehen läuft. Gedreht wurde der Film nicht nur in den Babelsberger Filmstudios und der weißen Winterlandschaft der Tschechoslowakei, sondern auch rund um Schloss Moritzburg. Die märchenhaften Aufnahmen von meterhohem Schnee und grünen Tannenzweigen, die sich tief unter ihrer Schneelast beugen, sind traumhaft schön. Dieses Mal jedoch erlebten wir das herzergreifende Aschenputtelmärchen mitten im Sommer als bezauberndes Musical der Landesbühnen Sachsen – vor der romantischen Kulisse von Schloss Moritzburg.
Was hat es eigentlich mit diesen Haselnüssen und Aschenputtel so auf sich? Im Märchen der Gebrüder Grimm wächst der Haselnussbaum auf dem Grab von Aschenputtels Mutter und die Haselnüsse sind nicht einfach nur Geschenke ihrer Mutter. Die Haselnüsse stellen – wie die kluge Eule (im Musical der Landesbühnen Sachsen ganz hervorragend gespielt) – eine höhere Weisheit dar, die Aschenputtels Leben eine glückliche Wende gibt. Dabei helfen ihr weiße Tauben (sehr kreativ dargestellt im Musical der Landesbühnen Sachsen), die für sie – die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen – nicht nur die Linsen aus der Asche lesen. Sie geben ihr auch den guten Rat, zu dem Haselnussbaum zu gehen und sich schöne Kleider zu wünschen, mit denen sie am königlichen Ball teilnehmen kann. Dadurch wird der Prinz, der bis dahin nur die Jagd liebte, auf die unbekannte Schöne aufmerksam. Die Nüsse werden sozusagen geknackt, ihre Probleme gelöst. Aschenputtel gelangt aus der Asche heraus ins königliche Schloss.
Auf einer der Treppen von Schloss Moritzburg fanden wir den Schuh, den Aschenputtel im Film dort einst verlor. Unvergesslich ist die Filmmelodie »Küss mich, halt mich, lieb mich« – ein Wiener Walzer zum Mitsummen, Dahinschmelzen und Mittanzen. Kein Wunder, das Aschenputtel beim Tanzen mit ihrem Traumprinzen völlig die Zeit vergass! Dabei musste sie vor Mitternacht wieder zurück sein, bevor der Zauber verging. In höchster Eile verließ sie das Schloss und verlor dabei ihren Schuh. Heute ist diese Treppe mit dem goldenen Schuh und der Tafel mit der Aufschrift »Aschenbrödels Schuh« ein beliebter Ort für Heiratsanträge, denn schließlich war es der verlorene Schuh, der dem Prinzen half, sein Aschenputtel zu finden.
Dachlaterne (rechts) mit durch Windstoß nickendem Mandarin, Fasanenschlösschen, Moritzburg | © Iris Sofie Bayer
Das Fasanenschlösschen wurde von König Friedrich August I. (1750 – 1827) als Sommerresidenz genutzt. Von 1806 bis zu seinem Tod war er der erste König von Sachsen. Als Urenkel Augusts des Starken ließ er zwischen 1769 und 1776 den durch Kriegszerstörungen ruinierten Fasanengarten neu gestalten. Neben dem Lustschlösschen im prachtvollen Chinoiseriestil entstanden am Bärnsdorfer Großteich Kulissen wie Hafen und Mole mit Leuchtturm, die für höfische Feste und Segelpartien sowie nachgestellte Seeschlachten dienten.
Der Leuchtturm in Form einer Pagode weist im Mittelteil in jede der vier Himmelsrichtungen eine Öffnung auf, die einem kleinen Balkon ähnelt und mit einem Geländer versehen ist. Im Turminneren führt eine stählerne Wendeltreppe mit 74 Stufen nach oben bis zum Lampenhaus, in dem sich eine kleine Plattform befindet. Das Muster aus roten Rechtecken und weißen Fugen ist lediglich eine Bemalung, die die norddeutsche Backsteinarchitektur nachahmte. Von Weitem betrachtet, erscheint der Leuchtturm rosarot.
Die Errichtung des Leuchtturms am Großteich und der Bau von Segelfregatten geschah in Würdigung eines historischen Ereignisses. 1770 hatten russische Schiffe Katharinas der Großen unter Führung von Alexei Orlow die osmanische Flotte in der Seeschlacht von Çeşme in der östlichen Ägäis besiegt. Der siegreiche russische Flottenkapitän siedelte sich nach Kriegsende 1775 in Dresden an. Als ihn König Friedrich August I. – zu diesem Zeitpunkt war er noch Kurfürst Friedrich August III. – in Dresden empfing, erfuhr er von Orlow aus erster Hand Einzelheiten dieser Seeschlacht. Davon beeindruckt, ließ er am Großteich nahe dem Fasanenschlösschen Moritzburg eine ganze Küstenlandschaft nachbauen. Um 1780 entstand auch die Hafenanlage mit einer repräsentativen, von Mauern gefassten Anlegestelle, steinernen Pollern und einer Mole, auf der der Leuchtturm gebaut und Kanonen aufgestellt wurden. Außerdem ließ der Kurfürst für die Nachstellung der Schlacht auf dem Großteich mehrere Segelfregatten nachbauen. Der Leuchtturm wurde damit Teil der Kulisse eines großen Freilichttheaters für besondere Festivitäten.
Nicht nur weltliche, sondern auch geistliche Fürsten konnten ihre eigenen Märchen wahr werden lassen. Dies zeigte uns ein anschließender Besuch der berühmten evangelisch-lutherischen Frauenkirche in Dresden, einer der größten Sandsteinbauten der Welt. In der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 – am Ende des Zweiten Weltkriegs – wurde sie während der Luftangriffe durch den in Dresden wütenden Feuersturm schwer beschädigt und stürzte ausgebrannt in sich zusammen. In der DDR blieb die Ruine erhalten und wurde als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung belassen. Ab 1994 wurde mit dem Wiederaufbau des barocken Kirchbaus begonnen und durch Spenden aus aller Welt, darunter die US-amerikanischen »Friends of Dresden«, im Jahr 2005 abgeschlossen. Die Frauenkirche in Dresden dient nun als ein Symbol der Versöhnung.
Große Meißner Straße, Dresden | © Iris Sofie Bayer
Augustusbrücke (links) über die Elbe, Katholische Hofkirche (rechts), Dresden | © Iris Sofie Bayer
der Porzellanmanufaktur Meißen, Dresden | © Iris Sofie Bayer
Schlossplatz, Dresden | © Oliver Bayer
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