Fotoausflug – Plastinarium in Guben

Was unternehmen Hobbyfotografen an einem kalten Februartag? Wir entschieden uns für das Plastinarium in Guben – eine faszinierende Anatomieausstellung, die in uns das Gefühl vertiefte, einen einzigartigen Körper bewohnen zu dürfen. Wir stimmen daher aus vollem Herzen dem Goethe-Zitat im Eingangsbereich des Plastinariums zu:

»Die Anatomische Zergliederung eröffnet uns die Tiefen der Natur
mehr als jede andere Bemühung und Betrachtung.«
(Johann Wolfgang von Goethe, Schriften zur Anatomie, 1795)

Gleich ums Eck und später auch in den Innenräumen begegneten uns Skelette, die uns grinsend begrüßten oder den Weg wiesen. Den Hut konnten sie natürlich nicht mehr vor uns ziehen. Doch eine Schautafel verriet uns, dass 1854 in Guben der wasserdichte Wollhut erfunden worden ist und diese Hüte aus Gubens früherer Hutproduktion stammen, welche in denselben Gemäuern gefertigt wurden, die heute das Plastinarium beherbergen.

Weltweit einzigartig ist, dass im Plastinarium Guben unter einem Dach die Anatomieausstellung KÖRPERWELTEN mit der praktischen Darstellung des Plastinationsprozesses vereint ist. Selbstverständlich haben wir die Privatsphäre der Mitarbeiter gewahrt und der Bitte entsprochen, in der Plastinationswerkstatt nicht zu fotografieren.

Schon im ersten Ausstellungsraum faszinierten uns Präparate von Pferdeköpfen, an denen die Ergebnisse verschiedener Methoden der Trockenkonservierung gezeigt wurden. Unter Präparation wird das Darstellen anatomischer Strukturen durch gezielte Bindegewebsentfernung verstanden. Dazu werden Pinzetten, Skalpelle und Scheren verwendet.

Doch wie sieht es unter unserer eigenen Haut aus? Genau das hat uns brennend interessiert und so manches Präparat – das wir hier nicht zeigen – ist uns da richtig unter die Haut gegangen, zum Beispiel der Unterschied einer gesunden Lunge zu einer schwarzen Raucher-Lunge oder gar einer zerfallenen Tuberkulose-Lunge oder auch der Vergleich eines gesundes Gehirns mit einem dementen Gehirn.

Durch die plastische Darstellung eines vergrößerten Sportlerherzens (bis 500 g) im Vergleich zu einem normalen Herzen (etwa 350 g) wurde uns noch mehr bewusst, dass der Herzmuskel wie ein Skelettmuskel trainiert werden kann und sich dem, was ein Körper auf Dauer leisten soll, weitgehend anpassen kann. In einem großen Raum waren rote Fässer aufgestapelt, welche die enorme Leistung unseres Herzens noch besser vorstellbar machten – es pumpt für uns täglich unglaubliche 7.000 Liter Blut durch den Körper, um ihn mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen.

Stolz präsentiert Dr. Gunther von Hagens, der Begründer der KÖRPERWELTEN, das etwa 180 Kilogramm schwere Herz eines im April 2014 an der Küste Neufundlands gestrandeten Blauwals (Höhe 1,70 m x Breite 1,50 m x Tiefe 1,10 m).

Es handelt sich um das größte Organ, das bisher in Guben – in 18 Monaten und rund 2.000 Arbeitsstunden – plastiniert wurde. Das Organ wurde in einer minus 25 Grad kalten Aceton-Lösung entwässert, entfettet, mit flüssigem Kunststoff gefüllt und anschließend ausgehärtet. Das fertige Präparat ist beim Auftraggeber, dem Royal Ontario Museum in Toronto (Kanada), zusammen mit dem 25 Meter langen Skelett des Wales ausgestellt.

Unser besonderes Interesse galt der anatomischen Safari:

Gefäßgestalten sind perfekte Abformungen des inneren Gefäßprofils. Zu ihrer Herstellung werden die Blutgefäße mit einem farbigen Kunststoff injiziert, der bei der Aushärtung die Form der Gefäße annimmt. Danach wird das umliegende Gewebe mechanisch und chemisch entfernt.

»Nichts ist uns so nahe wie unser Körper.
Aber über nichts anderes, das uns nahe ist, wissen wir so wenig.
Deshalb sollte die Kenntnis des menschlichen Körpers
nicht einer kleinen Gruppe Privilegierter vorbehalten bleiben,
sondern allen Menschen zugänglich sein.«

Diese Worte stammen vom Begründer der KÖRPERWELTEN, Dr. Gunther von Hagens, Mediziner, Wissenschaftler, Erfinder und Vorwärtsdenker, der die Anatomie des menschlichen Körpers einem breiten Publikum zugänglich gemacht hat.

Auch wenn wir uns selbst nicht vorstellen können, den Beruf eines Anatomen oder Präparators auszuüben, so fanden wir den Rundgang im Plastinarium Guben überaus beeindruckend, einschließlich des Künstlerbereichs »You are«, der mit dem Sound eines schlagenden Herzens im Ohr im Besonderen zur Selbstreflexion angeregt hat.

Wir verließen das Plastinarium in dem tieferen Bewusstsein, einen einzigartigen Körper zu besitzen, und mit Gefühlen der Dankbarkeit für das, was unser Körper tagein, tagaus für uns leistet.

Wenn euch der Beitrag gefallen hat, würden wir uns über einen Kommentar von euch sehr freuen. Ihr könnt euch gern zu unserem monatlichen Newsletter anmelden.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert