Elefantöses – Knochenjob Elefantenzählen
Als ich zum Weltelefantentag 2022 der Frage nachging, wie viele Elefanten es wohl noch auf der Erde gibt, stellte ich fest, dass unterschiedliche Zählergebnisse genannt werden und dass die Gesamtzahlen immer nur grobe Schätzungen sind.
Doch wie werden die Elefanten eigentlich gezählt?
Elefanten werden manuell aus niedrig und relativ langsam fliegenden Flugzeugen aus der Luft gezählt – aus 100 Metern Höhe mit etwa 180 Stundenkilometern. Von einem kleinen Flugzeug aus, das verschiedene Areale abfliegt, werden viele Fotos gemacht, die anschließend ausgewertet werden. Insbesondere für die Piloten ist das extrem anstrengend, denn sie müssen genau ihren Kurs halten, egal wie die Thermik durchschüttelt und dabei ganz scharf auf Vögel achten. Es wird in Linien geflogen im Abstand von 2,5 Kilometern und dann wird hochgerechnet. Zwei Personen sind zum Zählen an Bord – viele Stunden lang, hochkonzentriert, bei den ganzen Turbulenzen – dafür braucht man einen stabilen Magen.
1958/59 Bernhard und Michael Grzimek
Das erste Mal erfuhr ich von der mühseligen Wildtierzählung bei meinen Recherchen zum ersten Kapitel meines Romans RELING, in dem ich unsere Afrika-Safari schildere. Im Rahmen der Dreharbeiten des mit einem Oscar ausgezeichneten Dokumentarfilms Die Serengeti darf nicht sterben machten Bernhard Grzimek und sein Sohn Michael umfangreiche Erhebungen über die Zahl der Wildtiere in Tansania und deren Wanderungen, und zwar von einem Flugzeug aus. Leider verunglückte Michael Grzimek dabei am 10. Januar 1959 tödlich, als die Dornier Do 27, die im Film wegen ihrer Lackierung als »fliegendes Zebra« bezeichnet wird, nach einem Zusammenstoß mit einem Geier abstürzte.
2013-2016 Great Elephant Census (GEC) – Große Elefantenzählung
Paul Garnder Allen, der den GEC sowohl finanziell als auch logistisch unterstützte, begründet, warum Elefantenzählungen wichtig sind: »Während meiner Zeit in Afrika habe ich die Auswirkungen von Wilderei und Lebensraumverlust auf die Elefantenpopulationen des Kontinents gesehen. Es ist klar, dass wir einen sofortigen, wirksamen und groß angelegten Ansatz zum Schutz der Elefanten brauchen, sonst riskieren wir, dass die Elefanten für immer vom Kontinent verschwinden. Wir brauchen exzellente Daten über die Elefantenpopulationen, um innovative und wirksame Ideen zu entwickeln, die zur Rettung unserer Elefanten beitragen können.«
Das standardisierte Zählprojekt GEC (Great Elephant Census), an dem 18 afrikanische Länder beteiligt waren, lief von 2013 bis 2016. Es waren mehr als 90 Wissenschaftler und 286 Mitarbeiter beteiligt. Mehr als 90 Prozent der Zählungen wurden anhand von Stichprobenzählungen in gleichmäßigen Abständen aus der Luft durchgeführt. Dabei wurde ein repräsentatives Areal (in der Regel 5-20 Prozent) einer Landschaft aus dem Flugzeug erfasst und die Ergebnisse mit Hilfe statistischer Modelle auf das gesamte Gebiet hochgerechnet. Gruppen von 10 oder mehr Elefanten wurden mit GPS-fähigen Kameras fotografiert. Die Große Elefantenzählung ergab 352.271 Savannen-Elefanten. Das bedeutete eine durchschnittliche Verlustrate von 8 Prozent pro Jahr. Den größten Rückgang im Jahrzehnt davor gab es in Angola: die Anzahl der Elefanten sank dort von 200.000 auf 3.400.
2020/21 Convolution Neural Network (CNN)
Einem Team von Forschern um die Zoologin Isla Duporge von der University of Oxford ist es von 2014 – 2019 gelungen, mithilfe selbstlernender Computer-Algorithmen (Convolution Neural Network – CNN) eine verfeinerte Methode der Bilderkennung per Satellitenfotos zu entwickeln. Bisher war es nur möglich, Tiere in sehr einheitlichen Landschaftsformen aus dem All zu zählen – wie beispielsweise antarktische Pinguine, die sich auf die immer gleiche Weise gegen die Umgebung abheben. Mit der neuen Technologie, die sich auf Satellitendaten von WorldView-3 (WV3) stützt, können auch sich durch die Savanne bewegende Afrikanische Elefanten automatisch erfasst werden. Einziger Nachteil dürfte der hohe Anschaffungspreis solcher Satellitenkameras sein.
Tests – wie beispielsweise im Addo Elephant National Park in Südafrika – zeigten, dass sich ein wesentlich größeres Gebiet in wesentlich kürzerer Zeit nach Elefanten absuchen ließ, und das bei gleicher Fehlerquote von Zählung – sei es durch Mensch oder durch künstliche Intelligenz. Auch sank die Auswertungszeit von Wochen auf Stunden. Ein weiterer Vorteil ist, dass Mängel herkömmlicher Zählverfahren vermieden werden können, zum Beispiel dass Elefanten an den Zähltagen in ein anderes Areal wechseln und deswegen doppelt gezählt werden. Außerdem ermöglicht die neue Methode, die Elefanten auf ihrem Weg durch Länder zu verfolgen, ohne sich um Grenzkontrollen oder Konflikte sorgen zu müssen.
Using very-high-resolution satellite imagery and deep learning to detect and count African elephants in heterogeneous landscapes, Isla Duporge, Olga Isupova, Steven Reece, David W. Macdonald & Tiejun Wang, Remote Sensing in Ecology and Conservation 2021; 7 (3):369-381, doi: 10.1002/rse2.195
Juli 2022 KAZA-Zählung
In einem koordinierten, grenzübergreifenden Projekt sollen vier Monate lang Elefanten aus der Luft gezählt werden und Daten erhoben werden, wie es um die Afrikanischen Elefanten in der KAZA-Region steht. Die fünf Mitgliedsländer der KAZA (Kavango-Zambesi-Schutzgebiet) sind Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe. Mit rund 520.000 Quadratkilometern – eine Fläche anderthalb mal so groß wie Deutschland – ist KAZA das mit Abstand größte Netzwerk von Schutzgebieten der Erde. Hier lebt die größte Population Afrikanischer Elefanten – etwa 250.000 Tiere, die über grüne Korridore zwischen den Landesgrenzen wandern können. Im Gegensatz zum Rest des Kontinents sind die Elefantenbestände in der KAZA-Region stabil bzw. wachsen – ein schöner Erfolg vereinter Schutzbemühungen!
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