Buchvorstellung – »Mein Lebenshaus hat viele Räume«

Cover fürs Buch »Mein Lebenshaus hat viele Räume«

Dr. med. Susanne Hofmeister, geboren 1962, ist Ärztin mit Schwerpunkt Anthroposophische Medizin. Den Kern ihrer Arbeit fasst sie so zusammen: »Mit der Biographiearbeit richten wir unseren Blick auf das Einzigartige in uns, auf unser Ich, und öffnen damit die Tür zu unserer persönlichen Entwicklung.«

In ihrem 272-seitigen Buch Mein Lebenshaus hat viele Räume: Die eigene Biographie verstehen und dem inneren Ruf folgen, Kösel Verlag, München 2020, beschreibt sie die Choreographie des menschlichen Lebens. Alle sieben Jahre stehen neue Aufgaben an. Ihrer Ansicht nach verbindet alle Menschen die Suche nach dem roten Lebensfaden, nach dem eigentlichen Sinn des Lebens: »Biographiearbeit ist ein Prozess der Bewusstwerdung mit den Fragen ›Wer bin ich in dem vielfältigen Kontext meiner vergangenen Prägungen?‹ und ›Wer will ich werden, welche Zukunftsvision soll durch mein Dazutun einmal Realität sein?‹ Dabei dient das Lebenshaus, in dem die verschiedenen Qualitäten des Menschseins differenziert aufgeschlüsselt werden, als Grundstruktur, die Sicherheit vermittelt, entlastet und Mut zur persönlichen Entwicklung schenkt.«

Biografisch kann mit der Überwindung der Krise in der Lebensmitte die Selbstverwirklichung, das authentische, eigene Leben nach 40 beginnen. Susanne Hofmeister versteht ihr Buch als ein Arbeitsbuch, mit dessen Hilfe man dem eigenen roten Lebensfaden auf die Spur kommen kann: »Die Methode [der Biographiearbeit] ist bestens geeignet, um die Jahre nach 55 als eine ureigene, noch nie da gewesene Chance zu begreifen. Viele Menschen spüren, dass da noch eine Tür wartet, die es aufzustoßen gilt und hinter der sie sich selbst noch tiefer begegnen werden.« Die vielen Fragen im Buch haben mich dann auch tatsächlich zu einer gründlichen Selbstreflexion angeregt. Eine solche Biographiearbeit ist u.a. hilfreich, wenn wir

  • mit neuem Sinn alt werden möchten,
  • unser Leben ordnen wollen,
  • uns mit unserem Leben aussöhnen wollen,
  • unsere Lebensmuster verstehen lernen möchten,
  • unsere Ressourcen und Potenziale kennenlernen wollen,
  • das Leitmotiv unseres Lebens finden wollen.

Jedes Kapitel ist ähnlich aufgebaut – mit typischen Themen für das Jahrsiebt, Lebensberichten, Fragen, Übungen, Erkenntnis- und Stärkungssätzen sowie einer Malaufgabe – und hilft dabei, unser »Lebenshaus zu renovieren«:

  • Die ersten 21 Jahre (Kindheit, Schulzeit, Jugend) bilden das Erdgeschoss, in denen die Basis unserer Persönlichkeit gelegt wird: »Wie ein Tattoo werden uns die Grundmuster aus dieser Zeit für das ganze Leben prägen.« So ist beispielsweise auch die Geburt tief im Körpergedächtnis als erste erfolgreiche Krisenstrategie gespeichert. Susanne Hofmeister rät, unsere erste Erinnerung genau ins Bild zu bringen, denn in ihr drücke sich oft ein tiefes Lebensmotiv aus.
  • Die nächsten drei Jahrsiebte (21 bis 42 Jahre) ist die Beletage der seelischen Entwicklung – zunächst der Empfindungsseele, danach der Verstandesseele und dann der Bewusstseinsseele. Ein Erkenntnissatz aus der Empfindungsseelenzeit könnte lauten: »Ich erlaube mir, jede Entscheidung, die nicht mehr passt, zu widerrufen und neu zu entscheiden. Meinen Eltern dankbar zu sein und meinen ureigenen Weg ohne sie zu gehen, schließt sich nicht aus.« Stärkungssätze für die Bewusstseinsseele etwa so: »Ich will bestimmen, wohin meine Energie fließt – deswegen mache ich mir ab jetzt meine Erwartungen bewusst! Ab jetzt nutze ich meine Leidenskraft für etwas Konstruktives.« An dieser Stelle weist die Autorin darauf hin, dass auch in unserem Leidthema oft ein Leitmotiv unseres Lebens verborgen sein kann.
  • Im Dachausbau zum Atelier der Selbstverwirklichung (42 bis 63 Jahre) vergeht die Mitsommer-, Reife- und Erntezeit. Die zentrale Frage lautet: Finden wir unseren neuen Lebensrhythmus? Dafür ist unser Werkzeugkoffer gut bestückt: zu sich selbst stehen, ein spirituelles Selbstverständnis entwickeln, im blinden Fleck die eigenen Ressourcen finden, in den Kränkungen und Verletzungen unseres Lebens das eigene Potenzial finden, unser Alleinstellungsmerkmal entdecken, erkennen, dass man aus Fehlern klug wird und deshalb einer nicht genug ist, uns selbst verzeihen und neu anfangen dürfen, liebevoller Humor, sich einen Freiraum zugestehen, die innere Haltung eines zukunftsoffenen Menschen, der innere Dialog mit uns selbst etc.
  • Das 10. Jahrsiebt von 63 Jahren bis 70 nennt Susanne Hofmeister den Sonnenraum, der Anbau der Dachgaube, welcher das Altwerden vorbereitet und der Zukunft positiven Raum gibt. Als Eigenarbeit – um neue Lebensräume für uns zu entdecken – empfiehlt sie: »Legen Sie sich ein schönes Heft an, in dem Sie Ihre Träume und Wünsche aufschreiben, die kleinen und die großen!«

Und dann? Dann spricht sie vom »jungen Alter« (bis 80 Jahre) und streift noch ganz kurz das »alte Alter« nah am Horizont. Eine letzte Malaufgabe, um sich auf die Reise nach dem Tod vorzubereiten: »Wie sieht Ihr Lebenspanorama aus? Was sind die Stationen Ihres Lebensflusses von der Quelle der Geburt bis zum Eintritt ins große Meer? […] Die Schwelle des Horizonts rückt näher: Die Ewigkeit refft die Segel. Je nach unserem Lebenskonzept erfüllt uns der unausweichlich bevorstehende Tod mit Angst oder aber mit Hoffnung und vielleicht sogar Erwartung auf die weite Reise, die dann beginnt. Das Bewusstsein, dass die letzte Zeit anbricht, gibt ihr einen besonderen Wert.«

Dieses Buch sollte man in jedem Fall in ganz kleinen Häppchen lesen und sich viel Zeit zum Nachdenken nehmen. Meinen eigenen roten Faden habe ich gefunden. Er hieß lange Zeit weg vom Schmerz und ist von mir in ein hin zu Lebensfreude transformiert worden. Das dürfte wohl eindeutig das obige Logo Genieße den Augenblick! erklären. Es ist wundervoll, dass ich das gefundene Lebensglück nun als gestalterische Kraft nutzen kann, um mein fundamentales Lebensthema Rüssel hoch! im Sinne von Kopf hoch! Nur Mut! Trau dich! in meinen Rüssel-hoch-Büchern zu entfalten.

Für meine eigenes Jahrsiebt habe ich den Gedanken mitgenommen, dass ich die warme Sonne meiner persönlichen Hochebene genießen darf. Habe ich schon das rechte Maß für den Genuss gefunden? Habe ich alle meine Gewohnheiten geprüft und manche gewechselt? Ja, beinahe, würde ich sagen. Haben wir – mein Mann und ich – den Durchbruch zu unserem authentischen Sein vollzogen? Ja, wir sind an schwierigen zwischenmenschlichen Situationen gewachsen, wir fühlen uns frei, glücklich und kreativ. Für das nächste Jahrsiebt rüstet uns die vorgeschlagene Aufgabe: »Was nehmen Sie in Ihre Dachgaube mit? […] Was ist Ihr nächstes Reiseziel? Malen Sie es auf.«

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