Elefantöses – Wie gut vertragen Elefanten Kälte?

Winterschlaf ist keine Option 😉
Wenn die Außentemperaturen zu ungemütlich werden, würde ich als kälteempfindlicher Mensch am liebsten in den Winterschlaf fallen und erst wieder bei Frühlingssonne aufwachen. Tja – nur leider verfügen weder Menschen noch Elefanten über die biologischen Voraussetzungen, um den drastischen Abfall der Körperkerntemperatur zu überleben, mit dem Winterschläfer lebenserhaltende Körperfunktionen energiesparend zurückfahren. Trotzdem überstehen Winterschläfer den langen Ausnahmezustand unbeschadet und sind auch nach monatelanger Unterkühlung schnell wieder einsatzbereit.

Die Biologin Lisa Warnecke erklärt in ihrem Sachbuch Das Geheimnis der Winterschläfer, dass die Körperkerntemperatur nie unterhalb eines unteren Schwellenwerts fällt, der vom Tier noch toleriert werden kann. Dieser Wert sei artspezifisch, also für jede Tierart anders, und liege bei den meisten Winterschläfern bei etwa 5 °C.

Droht eine zu niedrige Körperkerntemperatur wird die Stoffwechselrate gesteigert: Weit verbreitet ist die als Zittern bezeichnete Stoffwechselsteigerung der Muskeln, für geringe Wärmemengen reicht oft Mikrovibration. Zudem besitzen alle Winterschläfer in größerem Umfang braunes Fettgewebe zur direkten Thermogenese aus Speicherfett.

Zum Vergleich: Die untere Grenze des Überlebens liegt beim Menschen bei einer Körperkerntemperatur von etwa 20 °C, die obere bei etwa 44 °C. Die normale menschliche Körperkerntemperatur liegt im Mittelwert bei 36,6 °C. Schon bei einer Körpertemperatur unter 35 °C spricht man beim Menschen von einer Unterkühlung, die Gesundheitsschäden oder bei Versagen lebenswichtiger Organsysteme den Kältetod herbeiführen kann. Ähnlich verhält es sich bei Elefanten, deren Körperkerntemperatur ebenfalls zwischen 36 und 37 °C liegt.

Elefanten sind wie Menschen endotherm bzw. homöotherm in der Bedeutung von warmblütig, gleichwarm bzw. bei Schwanken der Umwelttemperatur gleichbleibend warm. Das bedeutet, dass sie durch ihre Stoffwechselaktivität ihre Körperkerntemperatur unabhängig von der Umwelttemperatur auf einen konstanten Temperaturwert regulieren können. Die eigene Wärmeproduktion ermöglicht eine größere Wetterunabhängigkeit. Dafür ist der Energieverbrauch bzw. der Grundumsatz des Stoffwechsels im Vergleich zu wechselwarmen Tieren, die ihre Wärme aus der Umgebungstemperatur gewinnen, deutlich höher.

Thermoneutralzone
–> Gemäß Christina Pöders Diplomarbeit, Uni Wien 2013, liegt Die untere kritische Temperatur der Thermoneutralzone bei Afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana), 10.25365/thesis.29348, durchschnittlich bei etwa 9 °C. Zum Vergleich: Bei einem menschlichen Neugeborenen liegt die Thermoneutralzone bei 32-34 °C. Die untere kritische Umgebungstemperatur ist schon bei 23 °C erreicht, was zeigt, wie groß die Gefahr der Unterkühlung für Neugeborene ist. Bei Erwachsenen wird die untere Grenze der thermoneutralen Zone erst bei einer Umwelttemperatur von 5 bis 0 °C erreicht.

Die Thermoneutralzone ist definiert als der Bereich der Umgebungstemperatur, in dem der Körper seine Kerntemperatur allein durch die Regulierung des trockenen Wärmeverlustes, d. h. der Hautdurchblutung, aufrechterhalten kann. Ein lebender Körper kann seine Kerntemperatur nur aufrechterhalten, wenn Wärmeproduktion und Wärmeverlust ausgeglichen sind. Innerhalb der Thermoneutralzone wird die eigene Körpertemperatur auf einem gleichwarmen Niveau gehalten bzw. durch Veränderungen des peripheren Blutflusses reguliert. Außer­halb der Thermo­neutral­zone muss der Kör­per zu­sätz­liche Ener­gie auf­wen­den, um durch Muskel­zittern Wär­me zu pro­duzie­ren oder durch Schwit­zen Wär­me ab­zu­ge­ben.

Bei Elefanten ist die wechselnde Durchblutung ihrer Körperschale je nach Umgebungstemperatur eine wichtige temperaturregulatorische Maßnahme, die sowohl gegen Überhitzung als auch gegen Unterkühlung eingesetzt wird. Die Vasomotorik bewirkt entweder eine Vasodilatation (Erweiterung der Blutgefäße zur Abgabe überschüssiger Körperwärme) oder eine Vasokonstriktion (Verengung der Blutgefäße, sodass die Körperoberfläche und die Extremitäten zur Verhinderung eines Wärmeverlustes weniger gut durchblutet werden).

Alkohol ist keine Option 😉
Das passiert übrigens auch, wenn wir auf dem Weihnachtsmarkt einen Glühwein nach dem anderen trinken. Leider, leider ist es eine Illusion, dass uns Alkohol an kalten Tagen von innen wärmt. Genau das Gegenteil ist der Fall: Alkohol erweitert die Blutgefäße in der Haut, wodurch mehr Blut an die Körperoberfläche fließt, was zwar vorübergehend für ein wärmendes Gefühl sorgt, mit der Zeit jedoch zu einem stärkeren Wärmeverlust führt. Die von EleWiki berichtete regelmäßige Verabreichung von Wodka an Zooelefanten in Russland und Sibirien ist daher keine gute Idee.

Thermoregulation bei Elefanten
Verdunstungskühlung
Um eine zu hohe Körperkerntemperatur zu vermeiden, kann ein Körper auf verschiedene Weise Wärme abführen. Dies geschieht vor allem durch die Verdunstung von Wasser, bei Menschen durch Schwitzen. Elefanten haben keine Schweißdrüsen, können sich jedoch durch passive Verdunstungskühlung ihrer Haut vor Überhitzung schützen. Die vielen Falten und Risse ihrer Haut können Wasser länger festhalten, das später verdunstet – ähnlich wie Schwitzen uns kühlt. Auch hält das spärliche Haarkleid Elefanten kühl, da es die Wärme nicht wie ein Fell nah an der Körperoberfläche hält, sondern vielmehr vom Körper wegleitet.

Thermische Fenster
Zudem wurde festgestellt, dass sich an der gesamten Körperoberfläche von Elefanten sogenannte thermische Fenster bilden können, über die zum einen eine große Wärmeabgabe stattfindet. Zum anderen können diese thermischen Fenster in ihrer Haut »geschlossen« werden, um Wärmeverlust zu vermeiden. Das heißt, wenn es Elefanten zu kalt wird, passt sich ihre Durchblutung entsprechend an. Insbesondere die bei Elefanten mit einem dichten Geflecht aus Blutgefäßen durchzogenen Ohren sind solche thermischen Fenster und gelten als die größten thermoregulatorischen Organe, die es im Tierreich gibt. An Hitzetagen erweitern sich die Blutgefäße in den Ohren, wodurch eine größere Menge Blut durch die Ohren zirkulieren kann. Das durch das Ohrfächeln abgekühlte Blut fließt dann wieder in den Körper zurück. An Kältetagen wird zur Minimierung der Wärmeabgabe die Durchblutung der Ohren verringert.
–> (siehe Studie Weissenböck, N. M., Weiss, C. M., Schwammer, H. M., & Kratochvil, H. Thermal windows on the body surface of African elephants (Loxodonta africana) studied by infrared thermography. Journal of Thermal Biology, 2010, 35(4), 182-188. https://doi.org/10.1016/j.jtherbio.2010.03.002)

Adaptive Heterothermie
Elefanten nutzen noch einen weiteren thermoregulatorischen Mechanismus, der dem von Kamelen in der Wüste ähnelt. Heterotherme Tiere wechseln zwischen der Selbstregulierung ihrer Körpertemperatur, wie sie bei gleichwarmen Tieren üblich ist, und der Wärmegewinnung aus der Umgebungstemperatur, eines der Merkmale wechselwarmer Tiere. Durch die große Spannweite in der Schwankung ihrer Körpertemperatur können sie mit wenig Wasser auskommen.

Mithilfe dieser besonderen Fähigkeit der Heterothermie (von griech. hereros für anders und thermē für Wärme) lassen Elefanten an Hitzetagen tagsüber ihre Körpertemperatur ansteigen, um sie adaptiv (sich anpassend) an die hohe Umgebungstemperatur anzugleichen. Das geringe Temperaturgefälle zwischen Körpertemperatur und Luft sorgt dafür, dass die Wärme nur langsam aus der heißen Außenluft in den Körper gelangt. Die auf dieses Weise gespeicherte Wärme können die anpassungsfähigen Elefanten in den kühleren Nachtstunden durch eine Absenkung ihrer Körpertemperatur wieder abgeben. Am nächsten Hitzetag sind sie bereit, wieder neue Wärme aufzunehmen.

Winterfell ist keine Option 😉
Als Mensch habe ich etwa zehnmal mehr Kälterezeptoren als Wärmerezeptoren. Da Kälte für den menschlichen Körper gefährlicher ist als Wärme, reagieren die Kälterezeptoren schneller und melden bereits geringe Temperaturveränderungen ans Gehirn. Mein alarmiertes Gehirn veranlasst, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen und verengen, damit weniger Wärme vom Körperinneren, wo die lebenswichtigen Organe liegen, an die Hautoberfläche transportiert wird. Deshalb kühlen Füße, Hände und Nasenspitze schneller aus als der Körperkern.

Übrigens frieren Frauen tatsächlich schneller als Männer, welche meist einen höheren Muskelanteil haben, der Wärme produziert, die sich im ganzen Körper verteilt. Bei Frauen sitzen die Kälterezeptoren näher unter der Hautoberfläche. Zudem ist ihre Haut grundsätzlich dünner, was zu einem schnelleren Wärmeverlust führt.

Ein ordentliches Winterfell wäre super, denn die im Fell eingeschlossene Luft wirkt in beide Richtungen isolierend. Ein dichtes Fell hält die Kälte draußen und die Wärme drinnen. Doch ein bis zu 90 Zentimeter langes Außenfell wie es die Wollhaarmammuts hatten, bei denen sogar Rüssel, Schwanz und Ohren als Kälteschutz mit Fell bedeckt waren, ist für mich keine Option! Die heutigen Elefanten haben zwar kein Winterfell, aber dank ihrer großen Körpermasse samt thermoregulatorischer Flexibilität kühlen sie nicht so schnell aus wie kleinere Tiere. Zudem sind sie durch die tagsüber in der Sonne gespeicherte Wärme in der Lage, sich über eine kühlere Nacht warmzuhalten.

Kälteempfinden
Elefanten vertragen trockene Kälte kurzfristig bis zu einem gewissen Grad. Wie viele Minusgrade sie aushalten können, kann nicht genau angegeben werden, da es von verschiedenen Faktoren abhängig ist, zum Beispiel Luftfeuchtigkeit, Windstärke, Größe, Alter, Gesundheitszustand, Stress, Gemütslage usw. Das Kälteempfinden ist auch bei Elefanten höchst individuell. Die einen frieren schneller als die anderen.

Als beispielsweise 2017 durch eine Kaltfront aus China die Temperaturen in Thailand auf 8 °C fielen, richteten Mitarbeiter des Elephant Nature Park, eines Schutz- und Rettungszentrums für Asiatische Elefanten, nachts Strohbetten her und zündeten ein Feuer an, um die frierenden Tiere bei dem ungewöhnlich kalten Wetter warmzuhalten. Eine Tierschutzgruppe schickte riesige Wolldecken, von denen laut Tierschützerin Lek Chailert vor allem die alten Elefanten profitierten, da sie besonders anfällig für kältere Temperaturen sind: »Viele unserer Elefanten werden sehr leicht krank. Wir wollen nicht, dass sie vom Wetter krank werden.«

Oh ja, bei nasskaltem Wetter können sich auch Elefanten erkälten, sodass ihr Rüssel läuft, sie niesen und husten müssen. Beim Niesen können Elefanten ihren Rotz meterweit katapultieren. Tierpfleger in der ganzen Welt passen deshalb auf, dass Zooelefanten nach dem täglichen Waschen und Baden nicht mit feuchter Haut ins kalte Freie stapfen und sich womöglich erkälten oder gar Erfrierungen zuziehen. Bei Elefanten sind es vor allem Rüsselspitze, Ohren und Schwanz, die bei großer Kälte, Schneeregen und Zugluft zu Erfrierungen neigen.

Über Schneeerlebnisse freuen sich insbesondere junge Elefanten: Sie versuchen Schnee zu fressen oder spielen mit Eisbrocken. Beobachtungen an Zooelefanten zeigten, dass bei andauernder Kälteexposition als Reaktion auf die Kälte und als Schutz vor Erfrierungen an den sensiblen Ohren eine periodische Erwärmung aufgrund einer Durchblutungssteigerung auftritt. Dies ist bekannt als sogenannte Lewis-Reaktion, die sich auch bei an Kälte angepassten Menschen zeigt.

Aufgrund ihrer weiten geografischen Verbreitung haben sich Afrikanische Elefanten so gut angepasst, dass sie Temperaturschwankungen in einem unglaublich weiten Bereich von 50 °C bis unter den Gefrierpunkt tolerieren können. Teilweise leben sie in großer Höhe oder dort, wo nachts Minustemperaturen herrschen. Das ist beeindruckend und nur möglich dank ihres flexiblen thermoregulatorischen Körpersystems.
(–> siehe Buch von Sylvia K. Sikes, The Natural History of the African Elephant, Weidenfeld & Nicolson, 1971)

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