Elefantöses – Wie verläuft eine Elefantengeburt?

Königreich Kongo, 1664
»Ganz plötzlich – begleitet von einem markerschütternden Trompetenschrei seiner Mutter – plumpste das Elefantenkalb im Sturzbach der platzenden Fruchtblase auf den kongolesischen Urwaldboden. Sofort befreite die erfahrene Leitkuh das nasse und blutige Neugeborene mit ihrem Rüssel und ihren Stoßzähnen von der Embryonalhülle. Völlig erstaunt über die neue Lebenslage, in der es sich plötzlich befand, öffnete es blinzelnd die Augen, um in das Licht der Welt zu blicken, welche es – im geschützten Mutterleib liegend – bislang nur gedämpft wahrgenommen hatte. Neugierig und mit klugen Augen schaute das gerade in freier Natur geborene Elefantenbaby hoch in den Himmel und nahm schemenhaft wahr, wie die Lichtstrahlen der Sonne ihren Weg durch die Wolkenlücken und durch das Blätterdach der hohen Urwaldbäume bis hinunter auf die kleine Lichtung fanden. Die ganze Elefantenherde begrüßte das Neugeborene freudig mit ihren Rüsseln, nichts davon ahnend, dass es einmal als der Elefant des Sonnenkönigs berühmt werden würde.«
(zitiert nach DIE ELEFANTENSTRATEGIE: Entfalte deine wahre Größe!)
Wie lange dauert eine Elefantengeburt?
Deutlich länger als bei Menschen, obwohl meine erste Geburt von der ersten bis zur letzten Wehe mit über 48 Stunden auch viel länger als üblich gedauert hat. Nicht umsonst gibt es die Redewendung Das war aber eine schwere Geburt, wenn etwas viel Zeit und Mühe gekostet hat.
Elefantengeburten sind schon per se schwere bzw. schwergewichtige Geburten. Die Nabelschnur reißt bereits, sobald das Elefantenkalb in den anderthalb Meter langen, schlauchartigen Geburtskanal eintritt. Wenn ein Kalb in der kritischen Geburtsphase der schmerzhaften, schnell aufeinanderfolgenden Presswehen im überaus langen Geburtskanal steckenbleibt, erstickt es und reißt in der Folge seine Mutter wegen der dadurch ausgelösten inneren Vergiftung mit in den Tod.
Was sind die Geburtsanzeichen?
Erste Anzeichen für die kurz bevorstehende Geburt sind auch bei Elefantenmüttern das Verlieren von Schleim und das Einsetzen von Stellwehen, durch die das Ungeborene in die endgültige Geburtsposition gebracht wird. Meist beginnen die ersten Wehen nachts, da die Dunkelheit Elefanten mehr Schutz vor Raubtieren bietet. Da Feldforscher nur relativ wenige Elefantengeburten beobachten konnten, schließen sie daraus, dass die meisten Elefantenmütter nach zwei Tagen in Wehen dann meist auch in der Nacht gebären.
Etwa sechs bis acht Stunden vor der Geburt kommen die Wehen in kürzeren Abständen und es bildet sich eine Beule am Hinterteil, die durch die Weitung des Geburtskanals und das nach hinten gepresste Kalb entsteht. Wenn alles gut läuft, dann schaut zuerst der Rüssel heraus, bevor der Kopf erscheint und kurz darauf das etwa ein Meter große Elefantenbaby samt Fruchtblase auf die Erde plumpst. Doch es sind auch schon Elefantenbabys mit den Hinterbeinen voraus zur Welt gekommen.
Wie hoch ist die Fallhöhe bei einer Elefantengeburt?
Die Geburtsöffnung befindet sich nicht unter dem Schwanzansatz, sondern zwischen den Hinterbeinen, was die Fallhöhe von rund 1,70 Meter auf 70 Zentimeter verkleinert. Das ist vorteilhaft, denn immerhin wiegt ein Elefantenkalb durchschnittlich um die 100 Kilogramm. Das hohe Geburtsgewicht erklärt sich nicht nur daher, dass Elefanten viel größer sind als Menschen, sondern auch daher, dass die Kälber viel länger im Bauch der Mutter sind, nämlich 20 bis 22 Monate, die längste Tragzeit aller Landsäugetiere. Es bedeutet zudem, dass das Gehirn des Kalbs schon sehr weit gereift ist, wenn es zur Welt kommt.
Wie verhält sich die Herde bei einer Elefantengeburt?
Von Elefanten ist bekannt, dass die Herde besonders auf trächtige Elefanten achtet und bei der Geburt hilft, denn das soziale Verhalten innerhalb der Herde ist von mütterlicher, einander helfender Natur geprägt. Die anderen Elefantinnen geben aufmunternde Laute von sich und berühren die Gebärende freundschaftlich und ganz sacht mit ihren Rüsseln. Außerdem bieten sie ihren Kopf an, damit sich die Gebärende in einer Wehe dagegenstemmen kann.
Was geschieht kurz nach der Elefantengeburt?
Sofort nach der Geburt helfen die Elefantinnen der Mutter, das Neugeborene von der Embryonalhülle zu befreien und animieren es mit Kopf, Rüssel und Fuß zum Aufstehen. Schon nach einer halben bis einer Stunde steht das Kalb und nach weiteren zwei bis drei Stunden läuft es mit der Herde mit, die ständig auf der Suche nach Futter und Wasser umherzieht.
Bis zu einem Alter von vier bis fünf Jahren, bis es gelernt hat, selbstständig Pflanzen zu fressen (siehe Titelfoto), trinkt es – wie alle Säugetierbabys – die Milch seiner Mutter, etwa zehn Liter täglich. Dabei saugt es die Muttermilch nicht mit dem Rüssel, sondern mit seinem Maul. Die Zitzen der Mutterbrust sind bei Elefantenmüttern nicht zwischen den Hinterbeinen – wie bei der Kuh und den meisten anderen Säugetieren – sondern zwischen den Vorderbeinen, wie ich bereits im Blogbeitrag Elefantöses – Mutterliebe berichtete. Die innigen sozialen Bindungen sind das Allerwichtigste, damit das Baby nach der Geburt prächtig gedeiht, wie bei Menschen auch. Elefantenkälber haben es besonders gut, denn die Großfamilie kümmert sich gemeinschaftlich rund um die Uhr fürsorglich um den Nachwuchs.
Die Elefantengeburt im übertragenen Sinn
Zieht man die lange Tragzeit (fast zwei Jahre) und die lange Aufzuchtzeit (fast fünf Jahre) in Betracht und dass eine Elefantin in der Regel nur ein Jungtier pro Geburt bekommt (Elefanten bringen nur in etwa einem Prozent der Fälle Zwillinge zur Welt), kann man ermessen, wie langsam und mühsam die Fortpflanzung bei Elefanten ist. Es wird geschätzt, dass es pro Jahr nur etwa 100.000 bis 150.000 Geburten unter Afrikanischen Elefanten und nur wenige tausend unter Asiatischen Elefanten gibt. Eine Elefantengeburt ist ein Ereignis von immenser Bedeutung, denn es geht ihr eine lange Vorbereitungszeit voraus, der langwierige Geburtsprozess muss durchgestanden und danach das Kalb geduldig und gemeinschaftlich großgezogen werden.
Somit bezieht sich der Begriff Elefantengeburt im übertragenen Sinn darauf, etwas fast Unmögliches oder Unglaubliches zu schaffen, eine als unüberwindbar geltende Herausforderung zu meistern bzw. nach langer Dauer und enormer Geduld ein Ziel zu erreichen, dass sich nicht einfach mal so über Nacht realisieren lässt. Doch ist die schwere Geburt vollbracht bzw. die komplexe Aufgabe gelöst, kann ein riesiges Potenzial zur Entfaltung gebracht werden.
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