Fotoausflug – Das Fohlen im Lonetal der Schwäbischen Alb

Die Geschichte der Lone begann in der Kreidezeit vor etwa 100 Millionen Jahren als mächtiger Fluss, dessen Ursprung nahe dem heutigen Schwarzwald lag und der erst weit im Süden in das Urmeer mündete, das Geologen Tethys nannten. Die Überreste dieses nach einer Meeresgöttin der griechischen Mythologie benannten Ozeans sind heute das Mittelmeer, das Schwarze Meer und das Kaspische Meer.
Da die Lone in unserer Zeit auf weiten Strecken nur noch selten Wasser führt, gilt das Lonetal als eines der längsten Trockentäler Deutschlands. Begleite uns auf unserer Fohlenhaus-Rundwanderung …



Der Pfad zur steinzeitlichen Salzbühlhöhle war äußerst glitschig. Kein Wunder, dass hier bei regnerischem Wetter viele Weinbergschnecken kriechen, die in Deutschland übrigens besonders geschützt sind (Weinbergschneckenverordnung).

(Das berühmte Schneckentempo beträgt etwa 7 Zentimeter pro Minute.)
Der Gattungsname Helix bezieht sich auf die Schraubenform des Gehäuses der Weinbergschnecke, die in der freien Natur ein Alter von acht Jahren erreichen kann. Das Schneckenhaus hat fast immer die Form einer rechtsgängigen Schraube, also eine rechtsgewundene (im Uhrzeigersinn anwachsende) Windungsrichtung. Nur eines unter Zehntausenden der schraubig gewundenen Kalkgehäuse ist linksgängig. Diese besondere Schnecke wird Schneckenkönig genannt.


(Der frühere Bachverlauf ist noch nachvollziehbar.)

(Wo früher die Lone floss, wachsen jetzt Brennesseln.)
Im Lonetal gibt es viele Steinzeithöhlen, beispielsweise auch unser Wanderziel, die begehbare Steinzeithöhle Fohlenhaus. In der dortigen Umgebung gingen vor etwa 5.000 bis 10.000 Jahren die Steinzeitjäger mit Pfeil und Bogen auf die Jagd, um Hirsche und Auerochsen zu erlegen. Das Lonetal ist eine der wichtigsten Fundregionen der Altsteinzeit in ganz Europa, darunter mit einem Alter von 30.000 bis 40.000 Jahren die bisher ältesten bekannten menschlichen Kunstwerke, unter anderem der Löwenmensch, eine aus Mammutelfenbein geschnitzte Skulptur, die einen Menschen mit dem Kopf und den Gliedmaßen eines Höhlenlöwen darstellt.



Der Schleim, den die Weinbergschnecke bei der Fortbewegung absondert, verringert die Reibung am Untergrund und unterstützt die Schnecke dabei, sich der Fläche anzupassen, auf der sie kriecht. Damit schafft sie es scheinbar mühelos Dornen, spitzige Steine oder die Klinge eines scharfen Messers zu überwinden.
Oliver hat inzwischen die Höhlen erkundet, wo die Steinzeitmenschen die ersten groben, aber überlebenswichtigen Messer aus Feuerstein herstellten.





Die gehäusetragende Landschnecke hat vier Fühler, mit denen sie sich fortwährend orientiert. Die unteren Fühler sind immer dem Untergrund zu gerichtet, während die beiden langen Augenfühler suchend die Umgebung beobachten. Wer genau hinschaut, erkennt die Augen als kleine dunkle Punkte am Ende der oberen Fühler.
Unsere Augen wenden sich den Waldblumen zu …


Lonetal, Schwäbische Alb | © Iris Sofie Bayer
Die Gewürfelte Tanzfliege ist an Waldrändern, auf Lichtungen und auf feuchten Wiesen zu finden. Sie ernährt sich von Nektar. Nur das Männchen lebt auch räuberisch und frisst kleinere Insekten. Ein erbeutetes Insekt, das die Körpergröße des Räubers erreichen kann, wird auch als Brautgeschenk dem Weibchen vor der Paarung präsentiert.
Da der Pollen der Berg-Flockenblume einen hohen Nährwert hat – er enthält große Mengen an Stärke und Fetten – finden sich hier viele Wild- und Honigbienen, Wespen, Fliegen und Schmetterlinge ein. Ganz besonders oft wird die beliebte Waldkornblume jedoch von Hummeln besucht.






Die Kalkfelsen im Lonetal sind versteinerte Riffe des tropischen Jurameeres, in dem sich vor 150 bis 200 Millionen Jahren riesige Ichtyosaurier tummelten und vor etwa 20 Millionen Jahren große Haie auf der Jagd nach Walen waren. Deshalb wird das Lonetal auch als Schaufenster in die Frühzeit unserer Erde bezeichnet. Wir erlebten es als ein grünes Naturparadies.

Lonetal, Schwäbische Alb | © Iris Sofie Bayer


Am Ende unserer Wanderung begegnet uns nochmals eine Weinbergschnecke. Ihr Gehäuse ist rechtsgewunden; es ist also kein Schneckenkönig, bei dem nicht nur das Gehäuse spiegelbildlich linksgewunden ist, sondern auch sämtliche Organe seitenvertauscht sind, was die Paarung mit einer arttypischen Weinbergschnecke erschwert. Tja, es hat halt alles im Leben seine zwei Seiten!
😉 Wie geht das also mit dem Schneckensex?
Auch dieser findet im Schneckentempo statt. Vom einleitenden Liebesspiel bis hin zur endgültigen Paarung können mehrere Stunden vergehen. Als Zwitter mit beiderlei Geschlechtsorganen fungiert jede Weinbergschnecke beim Paarungsakt – in erhobener Position die Fußsohlen aneinanderpressend – sowohl als Männchen als auch als Weibchen. Beim Liebesspiel schießen sie mit Pfeilen aus Kalk aufeinander, die ein anregendes Hormonsekret injizieren. Wenn diese Amorpfeile ihr Ziel erreicht haben, können die getroffenen Schnecken mehr als doppelt so viel Samen speichern.
Die Eier werden in selbstgegrabenen Erdhöhlen abgelegt, wo nach einem Monat die Jungschnecken schlüpfen samt ihrem bereits entwickelten Schneckenhaus. Wir beiden Wanderschnecken schlüpften am Wanderparkplatz Salzbühl in unseren roten Flitzer, der uns – aus entschleunigter Schneckensicht – in Blitzgeschwindigkeit zum nächsten Ziel brachte.

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