Elefantöses – Rembrandts Olyphant

Von Rembrandt gezeichnet
Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669) ist einer der berühmtesten Maler, Radierer und Zeichner aller Zeiten. Viele der Werke des niederländischen Künstlers der Barockzeit zeichnen sich durch starke Hell-Dunkel-Kontraste aus.
1637 sah Rembrandt in Amsterdam die damals siebenjährige Elefantenkuh Hansken (* 1630; † 1655). Fasziniert von der Fremdheit und Exotik des Tieres fertigte Rembrandt vier Zeichnungen mit schwarzer Kreide und Kohle an, wodurch sie in die Kunstgeschichte einging. Interessant ist auch eine Radierung Rembrandts, in der die Asiatische Elefantenkuh die Darstellung des biblischen Sündenfalls Adam und Eva im Hintergrund begleitet.


mit Olifant Hansken im Hintergrund | © gemeinfreie Fotos
In Rembrandts Radierung stehen Adam und Eva auf einer Anhöhe über einem Tal. Ein dicker Baum ragt neben ihnen empor, auf dessen Stamm ein riesiges, echsenartiges, geflügeltes Mischwesen sitzt – die Urschlange, der biblische Drache bzw. der Teufel. Während die Hauptfiguren im Vordergrund verhältnismäßig dunkel gehalten sind, sieht man im Hintergrund aus einem paradiesischen Garten einen fröhlichen Rüssel-hoch-Elefanten auf einer hellen Lichtung dahintrotten.
Noch ist der Sündenfall nicht eingetreten, denn Adam hält seine linke Hand zwischen die Frucht vom Baum der Erkenntnis und Evas Mund. Da Rembrandt oft von Beobachtungen, die er im alltäglichen Leben seiner Zeitgenossen machte, zu seinen Werken inspiriert wurde, könnte er hier den alltäglichen Kampf der Geschlechter zum Ausdruck gebracht haben – den Urkonflikt zwischen dem oberlehrerhaften Mann (mit erhobenem Zeigefinger dargestellt) und der störrischen Frau, auf ihren Willen und Wunsch beharrend (hält die Frucht mit beiden Händen fest).
Hanskens Lebensgeschichte
Die Lebensgeschichte der Asiatischen Elefantenkuh Hansken, die 1630 auf Ceylon geboren und von dort nach Holland gebracht worden war, ist so tragisch und ergreifend wie die des Elefanten des Sonnenkönigs, ein Geschenk an Ludwig XIV. Beide mussten in ihrem tierischen Leben viel ertragen. Ebenfalls als Geschenk gelangte Hansken ins holländische Königshaus, nachdem sie von der Niederländischen Ostindien-Kompanie importiert worden war. Bald wurde der Elefant zu einer Belastung und daher verkauft. Hansken gelangte an einen Schausteller, der ihr Kunststücke beibrachte und dafür Eintrittsgeld verlangte.

(Der Text unter der Fahne schwenkenden Elefantenkuh beginnt mit: »Hansken der Olyphant ist mein Name …«
Gemäß dem Kupferstich konnte Hansken die Fahne schwenken, eine Pistole abfeuern, ein Hütchen auf- und absetzen und den Degen führen. In Frankfurt soll Hansken zum Erstaunen und Vergnügen des Publikums die Trommel geschlagen, die Trompete geblasen und ihre »gebührliche Reverenz mit einem Kratzfuß, gar höflich« gemacht haben. Stephan Oettermann spricht von »sprachlos gaffender Schaulust des Pöbels (oculi vulgi)«. Genau so muss das Leid der Jahrmarktselefanten einstuft werden. Auch der Elefant des Sonnenkönigs durfte nicht artgerecht leben. Ebenfalls von Schaulustigen begafft, verbrachte er fast seine gesamte Lebenszeit (1664-1681) in der Menagerie Ludwig des XIV.
Hanskens lange und turbulente Reisen, auf denen sie als eine Attraktion zur Schau gestellt wurde und bei Auftritten ihr Können unter Beweis stellen musste, können durch ganz Europa zurückverfolgt werden.
1638 Hamburg
1639 Treptow an der Rega (heute Trzebiatow, dort prangt heute noch ein Graffiti à la Rembrandt von ihr an einer Hauswand)
1640 Bremen
1641 Rotterdam
1646/1647 Frankfurt
1650 Lüneburg und Leipzig
1651 Amsterdam (danach wurde sie über Bregenz und St. Gallen nach Zürich und Solothurn geführt)
1655 Rom
† 1655 in Florenz (es existiert eine Zeichnung der toten Elefantenkuh des Florentiner Künstlers Stefano della Bella mit dem Vermerk: elefante morto in Firenze adi 9 di novembre 1655)
Ein Forscherteam bestätigte 2013, dass es sich bei dem Elefantenskelett im Museum La Specola in Florenz um das Skelett von Hansken handelt. Auch das Skelett des Elefanten des Sonnenkönigs ist erhalten geblieben und steht im Muséum national d’Histoire naturelle in Paris. Seine beeindruckende Lebensgeschichte findet sich auch in meiner ELEFANTENSTRATEGIE.
Von Linné klassifiziert
An einen Freund schrieb der schwedische Naturforscher Carl von Linné, der bis heute für sein System zur Klassifizierung von Organismen bekannt ist, am 18. Mai 1753: »Ich bin so erfreut, dass der kleine Elefant angekommen ist. Falls er viel gekostet hat, so war er dies wert. Er ist so rar wie ein Diamant.« König Adolf Frederick von Schweden hatte auf Linnés Drängen einen in Alkohol aufbewahrten Elefantenfötus für seine naturhistorische Sammlung erworben. Linné betitelte ihn mit Elephas maximus, was bis heute die Nomenklatur des Asiatischen Elefanten geblieben ist.
Linné wusste von anderen Exemplaren wie Hansken. Unter anderem flossen Notizen des englischen Gelehrten John Ray über Hansken in Linnés Beschreibung des Ursprungstyp der Tierart Elefant ein. Linné war es, der für Hansken den Ursprungsort Zeylonae paludosis (Ceylon, das heutige Sri Lanka) vermerkte. Der Elefantenfötus war allerdings – wie man später feststellte – ein Afrikanischer Elefant. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Afrikanische Elefant (Loxodonta africana) als eigenständige Art anerkannt und ein Jahrhundert später auch der Waldelefant (Loxodonta cyclotis).
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