Buchvorstellung – »Das Hungertier in Dir«

Cover fürs Buch »Das Hungertier in Dir«

»Wer kennt das nicht? Wie Roboter bewegen wir uns wider besseres Wissen Richtung Kühlschrank, um unseren Heißhunger zu stillen. Das Hungertier in uns braucht Energie. Der Grund: Stress, aber auch …«

So beginnt der Klappentext des 224-seitigen Sachbuchs Das Hungertier in Dir: Warum wir mehr essen als wir brauchen«, Verlag Enssthaler, Steyr (Österreich) 2019. Dr. Caroline Böttiger stellt damit gleich klar, was mit dem Hungertier in uns gemeint ist: der Heißhunger, der uns alle immer wieder überfällt und uns auf der Suche nach Essen wie eine Marionette fühlen lässt. Warum fällt uns Maß halten nur so schwer? Vor allem, wenn die Energie in den Fettspeichern an der Hüfte und am Bauch ohnehin für einen ganzen Monat oder länger reichen würden? Was veranlasst uns, mehr zu essen, als wir brauchen?

»Sehr geehrte Damen und Herren, darf ich vorstellen: das Hungertier! Es ist clever und manipulativ, gierig und schnell. Und es beherrscht diesen Zaubertrick, jegliche Kontrollinstanzen in dir zu überwinden, dich zu verführen und dich dann plötzlich, klammheimlich mit dem angerichteten Schlamassel zurückzulassen.« (Dr. Caroline Böttiger, Neurowissenschaftlerin, Ernährungsberaterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie)

Zwei Wege – gewissermaßen Zuckerbrot und Peitsche – zeigt die Autorin uns im Wesentlichen auf, um unser Verhalten zu beeinflussen, also das Hungertier zu zähmen: über das Belohnungssystem und über das Stresssystem.

Die Autorin beleuchtet anhand der Metapher des Hungertiers körperliche, psychologische und emotionale Aspekte für Übergewicht und Esssucht. Wir können uns das Hungertier wie ein kleines Kind in einem Laden vorstellen, das quengelt, weil es aus dem großen Schlemmerland der heutigen Welt unbedingt eine Süßigkeit haben möchte. Wir können nachgeben oder lernen, besser mit dem Hungertier umzugehen. Ziel sei, so die Autorin, nicht mehr vom Hungertier überrumpelt zu werden und so aus dem Suchtkreislauf der Esssucht auszusteigen. Sucht? Ja, definiert als das Unvermögen, beispielsweise die Essmenge zu reduzieren, auch wenn man das möchte.

Als die Top 6 der suchtmachenden Nahrungsmittel (wegen der im optimalen Verhältnis kombinierten Geschmacksträger Fett, Salz und Zucker) gelten:
1 Pizza
2 Schokolade
3 Chips
4 Kekse
5 Eis
6 Pommes frites
[–> Studie: Schulte, E. M. et al., Which foods may be addictive? The roles of processing, fat content and glycemic load. PloS ONE, 2015. 10(2)]

Werbung, Snacks an jeder Straßenecke kaufen zu können und ganz bestimmte Zucker-Fett-Kohlenhydrate-Salz-Kombinationen aktivieren unser Hungertier, auf die Jagd nach Nahrung zu gehen, da das Hungergefühl durch ein Lustgefühl im Gehirn gesteigert wird. Es will lutschen, schmelzen, beißen, knacken, reiben oder zermalmen, denn es will uns optimal versorgt wissen und tut daher alles dafür, damit es uns gut geht und wir glücklich sind. Das ist seine Aufgabe, auch wenn es dabei oftmals über das Ziel hinausschießt. Pizza ist aus gutem Grund Top 1 dieser optimal zusammengesetzten Kombinationen, die opioide Rezeptoren aktivieren, welche eine suchtmachende Wirkung haben. Bei besonders süßem oder fettigen Essen werden überdies die Geschmacksrezeptoren im Mund so sehr stimuliert, dass gleich ein paar zusätzliche Appetithormone angekurbelt werden, damit wir bloß nicht zu früh satt werden.

Dabei orientiert sich das Hungertier an deinem Stresslevel. Es bietet dir so lange seine beste Lösung als Stresskompensation an, bis es von dir eine bessere bekommt und erzogen wird, heißt: Du zeigst deinem Hungertier Alternativen fürs Essen. Wie?

–> Indem du lernst, anders mit Stress umzugehen, sodass du Beruhigung in der selbst findest.
(siehe hierzu auch den Lösungsansatz von Maria Sanchez in dem Buch Warum wir ohne Hunger essen: Die wahren Gründe für Essdrang und Übergewicht)

Dr. Caroline Böttiger schlägt vor, sich Folgendes bewusstzumachen: Wer viel industriell verarbeitete Lebensmittel isst, wird automatisch mehr essen, als er braucht, weil das Geschmackserlebnis immer einseitiger wird und gleichzeitig unser Belohnungssystem immer mehr von dem »Stoff« braucht, um stimuliert zu werden. Dieses »Belohnungsknöpfchen« im Gehirn heißt Nucleus accumbens und ist mitverantwortlich für die Entstehung von Sucht. In diesem winzigen Lustkern wird der Neurotransmitter Dopamin ausgeschüttet, der Glücksgefühle bereitet. Genau hier wird der Effekt von Drogen, Sex oder Essen ausgelöst, also von allem, was Spaß und süchtig macht.

Die Darmbakterien, so die Autorin, seien nicht ganz unbeteiligt an diesem Glücksgefühl, denn sie würden dabei helfen, dieses »Belohnungsknöpfchen« zu drücken, indem sie Stoffe produzieren, die Gelüste entstehen lassen, damit dein Hungertier schnell für Nachschub sorgt. Was können wir entgegensetzen?

–> Ein gut trainiertes Dopamin-Belohnungssystem.

Genussverzögerung – geduldiges Abwartenkönnen – trainiert gewissermaßen die Sensitivität der Dopaminrezeptoren. Dafür brauchen wir die beiden Frontallappen unseres Gehirns, die direkt hinter unserer Stirn liegen. Aktive, trainierte Stirnlappen können uns beispielsweise davon abhalten, jeden zu küssen, den wir sexuell anziehend finden, oder eben alles zu essen, was uns in den Weg kommt. Natürlich kostet es Energie, sein Hungertier in Schach zu halten und es davon abzuhalten, seinen Impulsen immer sofort zu folgen, doch letztendlich hilft es uns, kurzfristig diesen Stress in Kauf zu nehmen, weil wir damit langfristig viel größeren Stress vermeiden können.

Wer es interessant findet, wie unser Körper funktioniert, wird in diesem Ratgeber viele interessante Details finden, wie das so läuft in unserem Körper mit den Hunger- und Sättigungshormonen. Sobald der Blutzuckerspiegel sinkt, wird das im Gehirn von den Neuronen des Hypothalamus gemessen und mit der Produktion von Orexin begonnen, welches das Hungertier in den Such- und Jagdmodus bringt. Durch Orexin entsteht dieses agitierte, hyperaktive, wache Gefühl, das uns auf dem Streifzug nach Essbarem u. a. an den Kühlschrank führt. Leptin, das nach einer Mahlzeit vorwiegend von den Epithelzellen des Dünndarms und den Fettzellen gebildet wird, mag als Sättigungshormon gut bekannt sein, aber es gibt auch noch weitere – wie Insulin (wirkt nicht nur fettspeichernd, sondern auch sättigend), Gastrin (durch eiweißreiche Nahrung, Kaffee), Amylin (durch Süßes), Cholecystokinin (durch Käse, Fett und Aminosäuren) oder Oxytocin (entsteht bei körperlicher Berührung, wirkt nicht nur entspannend, sondern auch appetithemmend).

Dr. Caroline Böttiger wirft am Schluss eine interessante Frage auf: Hängt der Fortbestand unserer Spezies davon ab, ob wir es schaffen, trotz Überangebot unser Hungertier zu trainieren, ruhig zu bleiben und uns nicht triggern zu lassen? – In ihrem Ratgeber finden sich auf alle Fälle genügend Tipps gegen Heißhunger, um dafür zu sorgen, dass unser Hungertier »nicht zu einem dicken, faulen Köter [wird], der sich in der Oase nicht weit bis zur nächsten Essquelle bewegen muss.« Gewiss wird er deswegen maulen, aber sich daran gewöhnen, denn das »Herrle« deines Gewohnheitstiers bist du!

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