Fotoausflug – Die sagenhafte Rakotzbrücke (Kromlau, Sachsen)

Die einen Kreis abrundende Spiegelung der romantischen Rakotzbrücke, die wir auf dem Weg in die Sächsische Schweiz fotografierten, hat uns fasziniert und inspiriert. Es ist daher ein und dasselbe Motiv, das wir nachfolgend zeigen – allerdings aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichem Lichteinfall. Lasst euch verzaubern und taucht mit uns ein in die Sagenwelt der Brüder Grimm, die in der Architektur des sagenhaften Rakotz-Ensembles verewigt wurde.

Schauplatz für Filme
Mystischer Frühnebel war uns nicht vergönnt, doch im Schein der ersten Sonnenstrahlen erinnerte uns die filigrane Bogenbrücke an eine Szene des Märchenfilms Der Zauberlehrling (2017) aus der ZDF-Reihe Märchenperlen. Der Film lehnt sich an Goethes gleichnamige Ballade an: »Walle, walle manche Strecke, dass zum Zwecke Wasser fließe …« Die Rakotzbrücke wird im Film zum magischen Tor in eine Anderswelt, in der die Zauberlehrlinge Valentin und Katrina nach einer magischen Blume suchen.

Das nächste Foto habe ich künstlerisch so bearbeitet, dass tatsächlich der Eindruck entsteht, durch ein Tor in eine Anderswelt zu blicken …

Auch im Science-Fiction-Film Matrix Ressurrections (2021) ist die freispannende Bogenbrücke ganz kurz zu sehen. Morpheus lehrt Neo in einem virtuellen Trainingskampf, wie in der Scheinwelt der Matrix, in der alles anders ist, als es vordergründig scheint, physikalische Gesetze durch reine Willenskraft außer Kraft gesetzt werden können.

Erbauer
Friedrich Hermann Rötschke (1805-1893), ein deutscher Ritterguts- bzw. Großgrundbesitzer, der bereits die Rittergüter Wohla bei Löbau und Sänitz bei Rothenburg besaß, erwarb das Gut Kromlau im Jahr 1842. Er war ein Zeitgenosse des Landschaftsgestalters Hermann Ludwig Heinrich Fürst von Pückler-Muskau. Nach dessen Vorbild (u. a. die Fürst-Pückler-Parks in Bad Muskau und Branitz sowie Park Babelsberg) erschuf er – gewissermaßen als Kleiner Pückler – seinen eigenen großen Landschaftspark. In einer Chronik von 1909 heißt es:

»Teiche ließ er graben und Hügel aufwerfen, die er mit Eichen krönte. Seltenes Gehölz aus aller Herren Ländern wurde gepflanzt. Lauschige Plätze mußten mit Standbildern aus mythologischer oder Rokoko-Zeit sich schmücken lassen.«

Es wurden mächtige Roteichen, Rotbuchen, Edelkastanien, Tulpenbäume, Trompetenbäume und später in großem Stil Rhododendren gepflanzt.

Friedrich Hermann Rötschke ließ in fast zwanzigjähriger Bauzeit über den 35 Meter breiten Rakotzsee (von sorbisch Rakotz für Krebs) einen halbkreisförmigen Brückenbogen aus Basalt- und Feldsteinen errichten, der sich im Wasser zu einem vollständigen Kreis widerspiegelt. Außerdem ließ der unverheiratete Sonderling – laut Überlieferung »ein Feind der Ehe doch ein Freund der Frauen«, der nach eigenen Angaben einer Zarenfamilie entstammte – im Rakotzsee Basaltsäulen zu einer bizarren Gruppe aufstellen, welche Orgel genannt wird. Die Basaltsteine wurden mit Ochsenkarren aus verschiedenen Steinbrüchen der Sächsischen und Böhmischen Schweiz herangeschafft.

Zusammen bilden die Basaltorgel, die Grotte und die Rakotzbrücke das Rakotz-Ensemble, ganz im Stil der Romantik des 19. Jahrhunderts, einer Zeit, in der die Brüder Grimm nicht nur Märchen, sondern auch Deutsche Sagen (herausgegeben 1816-1818) sammelten. Bauingenieur Thomas Bauer nennt als Beispiel die Sage Bergmönch im Harz:

Zwei Bergleute arbeiteten immer gemeinschaftlich. Einmal, als sie anfuhren und vor Ort kamen, sahen sie an ihrem Geleucht, daß sie nicht genug Öl zu einer Schicht auf den Lampen hatten. […] Wie sie also besorgt standen, sahen sie ganz fern in der Strecke ein Licht, das ihnen entgegenkam. Anfangs freuten sie sich, als es aber näher kam, erschraken sie gewaltig, denn ein ungeheurer, riesengroßer Mann ging, ganz gebückt, in der Strecke herauf. Er hatte eine große Kappe auf dem Kopf und war auch sonst wie ein Mönch angetan, in der Hand aber trug er ein mächtiges Grubenlicht. […]

»Fürchtet euch nicht, ich will euch kein Leids antun, vielmehr Gutes«, nahm ihr Geleucht und schüttete Öl von seiner Lampe darauf. Dann aber griff er ihr Gezäh und arbeitete ihnen in einer Stunde mehr, als sie selbst in der ganzen Woche bei allem Fleiß herausgearbeitet hätten. Nun sprach er: »Sagt’s keinem Menschen je, daß ihr mich gesehen habt«, und schlug zuletzt mit der Faust links an die Seitenwand; sie tat sich auseinander, und die Bergleute erblickten eine lange Strecke, ganz von Gold und Silber schimmernd. […] Hätten sie nur einen Teil ihres Gezähs hineingeworfen, wäre die Strecke offengeblieben und ihnen viel Reichtum und Ehre zugekommen; aber so war es vorbei, wie sie die Augen davon abgewendet. Doch blieb ihnen auf ihrem Geleucht das Öl des Berggeistes, das nicht abnahm und darum noch immer ein großer Vorteil war.

Aber nach Jahren, als sie einmal am Sonnabend mit ihren guten Freunden im Wirtshaus zechten und sich lustig machten, erzählten sie die ganze Geschichte, und montags morgen, als sie anfuhren, war kein Öl mehr auf der Lampe, und sie mußten nun jedesmal wieder, wie die andern, frisch aufschütten.

Thomas Bauer ist davon überzeugt, dass die beiden Steinfiguren, die man bisher für Kain und Abel hielt, diese zwei Bergleute aus der Sage darstellen, die sich umarmen. Die Arme und Beine, die man bei der Renovierung der Grotte gefunden hat, zeigen deutlich, dass sich die Steinfiguren nicht bekämpfen.

Die Messdaten, so Bauingenieur Thomas Bauer, würden darauf hindeuten, dass die Steine keineswegs zufällig, sondern ganz bewusst so angeordnet wurden. Die Basaltelemente hätten auch keine statischen Funktionen. Er geht deshalb davon aus, dass die große Basaltorgel für die Sage von den Riesensäulen steht und die kleine Brücke neben der Grotte einen Drachenkopf zeigt, denn die Zähne seien extra eingearbeitet worden.

Teufelsbrücke
Im Volksmund wurde die Felsenbrücke im Rakotzsee auch Teufelsbrücke genannt, weil die Menschen glaubten, dass nur der Teufel in der Lage sei, einen derart dünnen Brückenbogen zu bauen. Gemäß Volkslegende hatte der Erbauer einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und ihm die Seele des ersten Lebewesens versprochen, das die Brücke überqueren würde. Als die Brücke mit Hilfe des Teufels gebaut war, überlistete er ihn, indem er einen Hund die Brücke überqueren ließ, worauf der Teufel wütend verschwand. Die Brücke blieb unversehrt.

Das erinnert an eine von den Brüder Grimm gesammelte ähnliche Sage von der Sachsenhäuser Brücke zu Frankfurt. In dieser Version griff sich der Erbauer einen Hahn und schickte diesen über die Brücke. Vor Wut, weil er keine Menschenseele erhalten habe, soll der Teufel den Hahn durch die Brücke geworfen haben. Das entstandene Loch, so die Sage, habe nie wieder verschlossen werden können. Tatsächlich hat eine 3-D-Analyse von Thomas Bauer ergeben, dass das Loch, das sich in der Brücke befindet, bewusst hineingearbeitet wurde. Direkt daneben findet sich eine metallische Stele, wo vielleicht einmal ein Wetterhahn angebracht war.

Gemäß dem Gablenzer Chronisten Adolf Aisch kostet die Rakotzbrücke »50 Tausend Taler und ein Menschenleben«. Er schilderte den Unfall wie folgt: »Am 11. September 1882 wurden die Stützbögen, die bis dahin der Sicherheit wegen belassen waren, herausgeschlagen. Dabei stürzte der Zimmermann Traugott Wolsch aus Gablenz in den See und ertrank …«

Herkules Farnese
Die in der Antike berühmte Herkulesstatue des Bildhauers Lysipp – das Original ist im Archäologischen Nationalmuseum Neapel ausgestellt – zeigt den nach seinen Heldentaten ruhenden Herakles, in seiner linken Achsel auf seine Keule gestützt, die auf einem Felsen steht, darüber das Fell des Nemeischen Löwen. Sein rechter Arm ist angewinkelt nach hinten geführt, die rechte Hand liegt hinter dem Rücken und hält die drei Äpfel, die Herakles bei den Hesperiden errungen hat. Der Körper des Helden ist überaus muskulös dargestellt, der Kopf im Verhältnis zum massigen Körper unterproportioniert klein.

Der Nemeische Löwen galt als ein unverwundbarer Löwe der griechischen Mythologie, der in den Wäldern auf der Peloponnes auf Veranlassung von Hera sein Unwesen trieb, indem er Mensch und Tier anfiel. Da seine Pfeile einfach abprallten, schlug Herkules dem Untier seine riesige Keule über den Schädel. Der Löwe flüchtete in eine Felsspalte, die den Berg Tretos durchlief. Nachdem Herkulus den Ausgang verschlossen hatte, packte er den Löwen, als er am anderen Ende herauskam und erwürgte ihn. Dann balgte er den Löwen mit dessen eigenen Krallen ab, denn nur diese waren in der Lage, die Haut des Tieres zu zerschneiden. Später kürschnerte er sich aus dem Fell einen Umhang, der ihn fast unverwundbar machte.

Goethe bezeichnet die antike Skulptur des Herkules Farnese in seinem Bericht über seine Italienische Reise als »eins der vollkommensten Werke alter Zeit«. Zahlreiche Nachbildungen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert wurden in Europas Parkanlagen aufgestellt. Interessanterweise findet sich die Herkulessage auch auf den Reliefs in den Durchgängen des Brandenburger Tors in Berlin. Dargestellt sind ausschließlich Szenen aus dem abenteuerlichen Leben des Herakles. Es beginnt auf der Südseite des Tores mit der Jugend des Helden und endet auf der Nordseite mit seiner Aufnahme in den Olymp der griechischen Götter.

Weiter geht’s in der Sächsischen Schweiz mit dem Carolafelsen in den Affensteinen …

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