Fotoausflug – Bliesgau (2): Gollenstein, Stiefeler Felsen, Hänsel-und-Gretel-Relief
Der Gollenstein
Mit seiner Höhe von 6,58 Metern zählt der aus jüngerer Steinzeit stammende Monolith zu den größten seiner Art in Mitteleuropa. Er gilt als Wahrzeichen der Barockstadt Blieskastel. Schon zur Zeit der Grafen von der Leyen versuchte man im 18. Jahrhundert durch Ausgrabungen seinem Geheimnis näher zu kommen.
Der Gollenstein dürfte kultischen Zwecken gedient haben. In einer Höhe von etwa zwei Metern wurde in mittelalterlicher Zeit eine Nische eingemeißelt, wo wahrscheinlich ein christliches Bildnis oder eine Heiligenfigur Platz gefunden hat.
Blieskastel, Bliesgau | © Oliver und Iris Sofie Bayer
Riese Kreuzmann auf dem Großen Stiefel
Es geht die Sage, dass vor alten Zeiten droben auf dem Großen Stiefel ein gräulicher Riese wohnte, der so stark war, dass er die stärksten Waldbäume wie Hanfstängel ausreißen und Felsstücke so groß wie kleine Häuser aufheben konnte. Der Riese lebte von Menschenfleisch und hieß Kreuzmann – vielleicht deshalb, weil er den Menschen soviel Leid und Kreuz machte, da er doch ein gottloser Heide war.
Von Zeit zu Zeit stieg der Riese von seinem Berge herab in die Täler, wo die Bauern in Hütten wohnten, und raffte ohne Unterschied alle Menschen zusammen, deren er habhaft werden konnte. Er schleppte sie auf den Großen Stiefel, wo er sie in einen großen hölzernen Käfig einsperrte, bis er Hunger bekam. Die Leute sollen in dem Käfig oft so arg geschrien haben, dass man es weithin habe hören können. Doch der Riese habe in seiner Bosheit gehöhnt: »Wie schön meine Vögel pfeifen!«
Wenn der Riese Kreuzmann Hunger bekam und eine Mahlzeit halten wollte, nahm er einen oder mehrere Menschen aus dem Käfig heraus, um dieselben zu schlachten. Nachdem er sie gebraten hatte, verzehrte er sie sodann auf seinem Felsentisch.
Lange Zeit trieb der Riese sein Unwesen, bis die Bauern eines Tages beschlossen, ihn in seinem Turm auszuräuchern. Man wartete den Zeitpunkt ab, da er eine Mahlzeit gehalten hatte, weil er darauf gewöhnlich einige Tage fest zu schlafen pflegte. Dann schleppten sie Stroh, Reisig und Gehölz auf den Berg und zündeten alles an, um den Riesen zu ersticken. Als der Rauch in den Turm eindrang und den Riesen in der Nase kitzelte, musste er niesen. Dabei verursachte er ein solches Getöse, dass die Leute erschrocken den Berg hinunter flüchteten.
Aus seinem Turm tretend, um frische Luft zu schöpfen, gewahrte er jedoch, dass der Rauch, den er für etwas dicken Waldnebel gehalten hatte, von dem angezündeten Feuer kam und merkte nun, was man mit ihm vorhatte.
Da wurde er wütend und ergriff das Nächstbeste, was ihm in die Hände kam, seinen Wetzstein nämlich, und schleuderte ihn auf seine Feinde. Der Wetzstein fuhr sausend durch die Luft und fiel – weit über die Menschen hinwegfliegend – aufs Renntriesch. Dort landete er mit der Spitze in der Erde, wo er zum Wahrzeichen heute noch zu sehen ist.
Der Riese aber stolperte über einen Eichenstamm, der im Walde lag, und fiel mit dem Kopf so schwer auf einen Felsen, dass er besinnungslos liegen blieb. Da machten die Fliehenden kehrt und schlugen ihn mit ihren Äxten vollends tot. Die Leiche des Riesen wurde in eine Bergmulde geworfen und so lange mit Felsgestein zugedeckt, bis ein Hügel entstand, den man auch jetzt noch das Riesengrab nennt.
Hänsel-und-Gretel-Relief
Es gibt noch ganz andere Geheimnisse in den dunklen Wäldern von St. Ingbert und Sengscheid und es wundert nicht, dass bei solchen Riesensagen wie der vom menschenfressenden Kreuzmann dem Volksmund das Märchen von Hänsel und Gretel in den Sinn kam.
Denn – so heißt das verwitterte Figurenrelief im Volksmund, das sich genau am gegenüberliegenden Ortsrand von Sengscheid auf einem steilen Berghang des Steinkopfes am Ende des bewaldeten Grumbachtals befindet, wo man auf eine weitere pittoreske »Saarschleife« trifft …
Könnt ihr die beiden verwitterten Figuren erkennen?
Das Hänsel-und-Gretel-Relief ist wahrscheinlich im 2. bis 3. Jahrhundert nach Christus entstanden und diente möglicherweise als Altar für Waldgottheiten aus dem gallo-römischen Götterkreis.
Die Figuren werden als keltisches Götterpaar Sucellus (Gott des Waldes) und Nantosvelta (die das Tal zum Blühen bringt) gedeutet oder als Römergott Mercurius und seine Begleiterin Rosmerta, eine keltische Wohlstandsgöttin.
Doch auf einmal scheint »Hänsel« gar nicht mehr so sicher zu sein, ob das der Weg ist, der wieder aus dem Wald herausführt. Ob das dort hinten gar das berühmte Hexenhäuschen ist?
Ob wir – ohne weitere Begegnungen mit Riesenstiefeln oder geheimnisvollen Steinfiguren – aus diesem dichten Märchenwald wieder ins Tal finden werden?
Rechts: Pferdekoppel am Ortsrand von Sengscheid, Bliesgau | © Iris Sofie Bayer
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